Im Interview mit Ulrike Tappeiner, Präsidentin der Freien Universität Bozen, geht es um Frauen in der Landwirtschaft, das Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, Nachhaltigkeit und die Unterstützung durch die Universität.
Die Rolle der Landwirtschaft in der Gesellschaft, Landwirtschaft im Wandel, Biodiversitätsfreundliche Landwirtschaft – Realität oder Wunschdenken?: Das sind Themen, die die Freie Universität Bozen bei der Internationalen Tagung Frauen in der Landwirtschaft, die vom 2. bis 4. April 2025 in Bozen stattfindet, zur Diskussion stellt. Die Tagung wird in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Bäuerinnenorganisation und der Eurac Bozen organisiert.
Frau Tappeiner, Frauen in der Landwirtschaft: Beschäftigt sich die unibz damit?
Ulrike Tappeiner: Zunächst möchte ich mit bei der Südtiroler Bäuerinnenorganisation bedanken, die diese spannende und wichtige Tagung nach Südtirol bringt. Das Thema Landwirtschaft ist für uns sehr wichtig. Die Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften bietet sechs Studienprogramme zu Landwirtschaft und Nahrungsmitteln an und bearbeitet derzeit 27 Forschungsprojekte zu landwirtschaftlichen Fragen – viele davon mit internationalen Partnern.
Welche Spannungen erleben Bäuerinnen im Kontext der gesellschaftlichen Erwartungen?
Spannungen entstehen durch Unsicherheit. So war in der Generation unserer Großeltern die Rolle der Bäuerin klar definiert: als Mutter und als Mitarbeitende am Hof. Heute können Frauen den Hof selbstständig oder in Mitarbeit bewirtschaften, einem Nebenerwerb oder einer beruflichen Tätigkeit unabhängig vom Hof nachgehen. Klar ist, dass Frauen in der Landwirtschaft dies nicht alles gleichzeitig tun können. Wichtig ist es daher, dass neben einer klaren Arbeitsteilung am Hof auch die Unterstützung der Gesellschaft garantiert wird.
Wie nimmt die unibz die Rolle der Landwirtschaft wahr, insbesondere im Hinblick auf den ökologischen Wandel? Gibt es Forschungsansätze?
In Südtirol hat die Landwirtschaft nach wie vor eine große Flächenverantwortung. Die Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft sind groß: sie muss produktiv, aber auch ressourcen- und umweltschonend sein, gesunde Ökosysteme erhalten und gleichzeitig Biodiversitätsverlust, Klimarisiken und Treibhausgase reduzieren und darüber hinaus auch noch sozial verträglich sein. Die Einrichtung eines Kompetenzzentrum zur Nachhaltigkeit zeigt den großen Stellenwert, den die Forschung zu diesem Bereich an der Freien Universität Bozen hat.
Welche Rolle haben dabei die Bäuerinnen?
Warum sollte die Rolle der Bäuerin in diesem Kontext anders sein als die des Bauern? Allerdings schreibt man Frauen mehr Empathie zu, dadurch denken und handeln sie wohl auch breiter, was sowohl Landwirtschaft als auch Gesellschaft guttut.
Wie erleben Sie die Frauen in der Landwirtschaft, und wie kann die unibz die Frauen unterstützen, ihre Stellung zu festigen?
Frauen sind selbstbewusster geworden und gestalten die bäuerlichen Betriebe mit. Wir unterstützen diese Entwicklung, sehen es jedoch auch als Aufgabe der Interessensgruppe der Frauen in der Landwirtschaft, diese Unterstützung durch Forschung und Lehre einzufordern.
Was wünschen Sie sich für die Internationale Tagung Frauen in der Landwirtschaft?
Spannende Vorträge und Workshops mit kontroversen Diskussionen, weil nur sie zu Innovation führen, wie die Sozialkapitalforschung deutlich gezeigt hat. Informationen und Anmeldung gibt es übrigens unter tagung.baeuerinnen.it
Interview: Ulrike Tonner