Mit Bitterstoffen kann man den Körper reinigen und glücklich werden. Davon erzählt Rosi Mangger Walder in ihrem Buch „Bitter im Mund, Magen gesund“ und in diesem Interview mit Ulrike Tonner.
Bitterstoffe gibt es in Salaten, in vielen Kohlsorten, aber auch in Bitterschokolade oder im Kaffee, weiß Buchautorin Rosi Mangger. Rosi Mangger Walder, die Kräuter-Rosi aus St. Leonhard in Passeier, liebt alles, was grünt und blüht. Die Kräuterpädagogin vom Fronigerhof verarbeitet und veredelt Kräuter unter anderem zu Kräutertees und -salz und bietet auch Kräuterwanderungen an. Ihr Wissen über Kräuter und Pflanzen und über ihre heilende Wirkung hat sie vor allem von ihrer Großmutter. Diesen Wissensschatz möchte sie auch weitergeben, heuer hat sie ihr zweites Buch herausgegeben. Mit Bitterstoffen entschlacken und das Immunsystem stärken – das rät sie den Leserinnen und Lesern, auch weil sie selbst vor Jahren erfahren hat, welchen positiven Einfluss die Ernährung haben kann.
Ulrike Tonner: Frau Mangger Walder, was hat Sie dazu bewegt, ein Buch über Bitterstoffe herauszugeben?
Rosi Mangger Walder: Bitterstoffe sind eigentlich die wichtigsten Inhaltsstoffe einer Pflanze. Den Leuten ist oft nicht bewusst, wie gesund sie wirklich sind. Aber Bitterstoffe sind nicht nur verdauungsfördernd, sie unterstützen das ganze Mikrobiom, die Funktionen aller Organe und können auch antidepressiv wirken. Leider werden mittlerweile sehr viele Bitterstoffe aus den Pflanzen herausgezüchtet, das hat mich eigentlich dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben.
Sie sprechen von der Pflanze als eine Zauberformel der Natur. Was meinen Sie damit?
Die Zauberformel der Pflanzen ist ganz einfach und simpel: Nur sie besitzen diese Zaubereffekte, denn in ihnen finden wir jene Inhaltstoffe, die wir für unsere Gesundheit brauchen. Die sogenannten sekundären „Zauberstoffe“ sind zahlreich, man findet in einer Pflanze bis zu 3000 solcher hocheffektiver Stoffe, die für uns lebenswichtig sind. Eine Gruppe sind die diversen Bitterstoffe, welche unsere verdauenden und entgiftenden Organe in ihrer Arbeit unterstützt, bei Erkrankungen Symptome lindern und das Organ gesunden lässt, soweit die Erkrankung nicht zu fortgeschritten ist. Aber es sind ja noch andere Inhaltstoffe vorhanden, die in ihrem Zusammenwirken Effekte in unserem Körper hervorrufen, bei denen die Wissenschaft bis heute keinen nennenswerten Zusammenhang findet. Nun denn, eines sollte uns klar sein, wir können unsere Zauberpflanzen nicht in Einzelteile zerlegen, denn gerade die Komplexität ist der Schlüssel zur Gesundheit und nicht ein einzelner Stoff alleine.
In der Bauernküche sind Bitterstoffe präsent, oder?
Ja, man wusste schon früher, dass Bitterstoffe die Verdauungssäfte, unter Umständen auch die Leber, sehr positiv beeinflussen. Es war ihnen wohl sehr bewusst, denn wenn ich an meine eigene Kindheit zurückdenke, dann kam jeden Tag irgendetwas Bitteres auf den Tisch: im Winter als Sauerkraut, in den Frühjahrsmonaten mit Löwenzahn als Rosetten oder als Blätter bis in den Herbst hinein, ein bitterer Salat dann ab dem Herbst ...
Warum haben Sie sich so intensiv mit Bitterstoffen auseinandergesetzt?
Ich bin vor Jahren schwer erkrankt. Mit Bitterstoffen ist es mir gelungen, diese Krankheit in den Griff zu kriegen und mein Immunsystem zu stärken. Diese Erkrankung war prägend, sie ist mit Grund für das Buch.
Bitterstoffe sind in vielen Wild- und Gartenkräutern enthalten. Wo noch?
Auch viel Gemüse und Früchte enthalten Bitterstoffe. Sogar Genussmittel wie Kaffee, Schokolade und Schwarztee. Das heißt, gut dosiert ist Kaffee förderlich für die Gesundheit. Es kommt immer auf die Dosierung an. Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man zu unterschiedlichen Bitterstoffen greifen und auch mal ein gutes Stück 80-prozentige Bitterschokolade genießen.
Jetzt im Herbst finden wir gar einige Salate im Garten, die reich an Bitterstoffen sind ...
Unsere typischen Wintersalate stammen von ein und derselben Urmutterpflanze ab, der Wegwarte. Aus ihr ist im gesamten europäischen Raum ein richtiger Salatschatz entstanden. Dabei wurden die Pflanzen in Kellern eingelagert und gezüchtet. Im Laufe der Jahre entstand so nicht nur Chicorée, Endivie, Zuckerhut und Radicchio, sondern auch andere Sorten, die unseren winterlichen Salatteller bereichern. Das Schöne an diesen Salaten ist, dass sie reich an Bitterstoffen sind und gerade in den Wintermonaten unseren verlangsamten Stoffwechsel unterstützen und die Organe in ihrer Arbeit entlasten. Dazu muss ich noch eines erwähnen: Bitterstoffe helfen uns, Süßigkeiten zu reduzieren und machen glücklich, weil sie unser Emotionen-Organ, die Leber, positiv unterstützen.
Warum sollen Wintersalate im Garten nicht fehlen?
Sie sind frostunempfindlich, reich an Inhaltsstoffen, eine frische Vitaminbombe aus dem Garten und gut haltbar, was man von anderen Salaten nicht immer sagen kann. Natürlich brauchen sie auch etwas Zuwendung, aber das hält sich in Grenzen. Wer kein Frühbeet hat, kann die Salate mit etwas Gartenvlies oder Nylon abdecken oder in Töpfen wachsen lassen und diese an die Hausmauer stellen. Man kann auch den Boden mit etwas Stroh abdecken, damit er nicht zu schnell gefriert. Was aber noch wichtiger ist: Sie brauchen einen guten Boden und müssen frühzeitig in die Beete gepflanzt werden, damit sie für den Winter bereits eine stattliche Größe haben, dann ist es auch kein Problem, sie zu überwintern. Ich nutze dafür Terra Preta, effektive Mikroorganismen und guten Kompost.
Zurück zum Buch: Was zeichnet es aus?
Im Buch werden die unterschiedlichen Bitterstoffe erklärt und wie unser Körper auf sie reagiert. Zusätzlich gibt jede Menge Rezepte, die auch relativ einfach nachzukochen sind. Das ist mir persönlich immer wichtig.
Verraten Sie uns Ihr Lieblingsrezept?
Das ist das Xocolatl, ein uraltes Getränk aus Schoko, diversen Gewürzen und mit Wasser aufgebrüht. Im Geschmack ist es bitter, aber wegen der Gewürze sehr aromatisch und angenehm zu trinken. Wie kann man Bitteres in den Alltag holen? Das ist einfach: Pfeffer, Piment oder andere Gewürze wie Kümmel können beim Kochen täglich Verwendung finden.
In Ihrem Buch steht: „Hör auf deinen Bauch.“ Das klingt einfach ...
... und ist natürlich nicht so einfach. Eigentlich können wir es im Kindesalter, aber im Laufe des Erwachsenwerdens wird es uns abtrainiert. Natürlich wird ein Kind lieber Süßes essen, aber es kennt ja auch nichts anderes, denn unsere Muttermilch ist 50 Prozent Fett und 50 Prozent Zucker, dazu Mineralien, Vitamine und Spurenelemente, so wie Süßigkeiten. Deshalb liegt es an uns Müttern, die Kinder bereits beim Stillen an verschiedene Geschmäcker zu gewöhnen.
Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Im Grunde genommen möchte ich nur eines auf den Weg geben: Mit kleinen Dingen kann man Großes bewirken.