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Freitag, 22 Dezember 2023

Vom Räuchern und heiligen Nächten

Bäuerin Adelgunde weiß allerhand über Kräuter, Honig, alte Arbeitsgeräte, Bräuche und Traditionen. So auch übers Räuchern: ein Ritual, das langsam wiederauflebt.

Die Hof- und Gartenführerin Adelgunde Hofer Brunner lebt auf dem Obermairhof im Riede in Reischach bei Brubeck. Die Bäuerin führt gerne durch ihren Bauerngarten und erklärt die verschiedenen Pflanzen, deren Anbau und Anwendung in Küche und Brauchtum. Ein Bauerngarten zeichnet sich durch seine Natürlichkeit und Üppigkeit aus, spiegelt Tradition und zugleich Zeitgeist wieder. In ihrem Garten können zahlreiche Kräuter-, Gemüse und Beerensorten entdeckt werden. Familie Brunner produziert auch hofeigenen Honig. Und noch etwas hat Adelgunde zu bieten: Der Obermairhof ist ein lebendes Relikt vergangener Generationen. Adelgunde erzählt gerne von seiner Geschichte und den Menschen, die ihn geprägt haben. Alte Arbeitsutensilien, Geräte und ein alter Backofen bringen uns die Zeit von damals näher. Sie erzählt auch gerne von Bräuchen, besonders in der Winterzeit ist das Räuchern für viele interessant. Im Interview erzählt die Bäuerin, warum.

"Das Räuchern war Teil der achtsamen Art, mit Himmel und Erde umzugehen"

Südtiroler Landwirt: Was ist das Besondere beim Räuchern?

Adelgunde Brunner: Das Räuchern ist ein sehr altes Ritual. Die Ursprünge gehen bis in die frühen Menschheitsepochen zurück. Das Räuchern war Teil ihrer achtsamen Art, mit Himmel und Erde umzugehen. Gerade in unserer nicht ganz einfachen Zeit ist es wieder wichtig geworden, das Räuchern aufleben zu lassen.

Welche Bedeutung hatte das Räuchern früher auf den Höfen?

Beim Räuchern wurde das Schlechte vom vergangenen Jahr vertrieben und es wurde um Gesundheit und Wohlergehen für Mensch und Tier sowie um Ertrag auf Feld und Hof gebetet. Durch das Räuchern wurde gereinigt, geheilt, geschützt und gesegnet.

Wann wurde geräuchert?

Geräuchert wurde am Heiligen Abend vor dem Mittagessen, am Silvester Abend und am Vortag von Heiligen drei Könige zu Mittag.

Was brauchte es zum Räuchern?

Als erstes wurde die Räucherpfanne hergerichtet: Die Glut nahm man vom Herd und gab sie in eine alte rostige Pfanne mit langem Stiel. Diese Pfanne nahm man nur fürs Räuchern. Der Vater gab sie nach dem Räuchern in einen Stoffbeutet und hing sie im „Goden“ auf. Dort blieb sie bis zum nächsten Mal. Wir nehmen heute ein altes Bügeleisen anstatt der Pfanne. Dann brauchte es auch Weihwasser: Nur zum Heiligen Stefan spritzte man Stephanwasser. Am Stephanstag wird Salz und Weihwasser geweiht, das bekam man nur an diesem Tag in der Kirche. Das ganze restliche Jahr weihte man mit Königswasser, das holte man sich zu Heilig drei König in der Kirche.

Wie wurde geräuchert? Wer war alles dabei?

Die ganze Familie war beim Räuchern dabei. Der Vater trug die Räucherpfanne. Mein ältester Bruder ging hinter ihm mit dem Weihwasser, nur er durfte sprengeln, er war der älteste. Dann gingen meine Geschwister und ich und zuletzt meine Mutter. In jedem Zimmer wurde geräuchert, überall, auch im Stall und in der Scheune. Die Fenster durften ja nicht geöffnet werden. Es roch wirklich gut. Am Vortag von drei König gingen wir auch aufs Feld. Aber nur eben an diesem Tag, man ging zum Rande bzw. zur Ecke des Ackers, und schwenkte dreimal die Pfanne, für die gute Ernte. Das Räuchern dauerte ungefähr eine Stunde.

Und es wurde dabei auch gebetet oder?

Der Vater betete immer vor. Es wurde der Rosenkranz gebetet, auch während des Gehens. Wenn am Ende des Rundgangs der Rosenkranz noch nicht fertig gebetet war, wurde er in der Stube zu Ende gebetet.

Welche Erinnerung haben Sie an dieses ritelle Räuchern?

Bei uns wurde neben dem Weihrauch auch immer mit Kräutern aus dem geweihten Kräuterbuschen geräuchert. Meine Mutter bestand immer darauf, dass im Kräuterbuschen etwa neun Kräuter sind: Ebberaute, Wermut, Salbei, Johanniskraut, Schafgarbe, Goldrute, Himbeerreiser und auf jeden Fall musste Rosmarin dabei sein. Rosmarin vertreibt nämlich alles Schlechte bzw. alle bösen Geister aus den Räumen. Der Buschen wurde am Hochunserfrauentag, am 15. August, geweiht und dann hat man von allen Kräutern etwas runtergezupft und zum Weihrauch bzw. in die Räucherpfanne dazugegeben. Zuerst wurde aber immer der Palmbesen angeschürt, dann durfte man erst vom Kräuterbuschen nehmen, zum Beispiel bei Gewittern.

Räuchern Sie heute noch?

Ja, wir räuchern heute noch. Ich möchte es noch mehr vertiefen und auch die Enkelkinder mehr einbeziehen, weil es einfach zur Weihnachtszeit dazugehört und unsere Vorfahren es so praktiziert haben. Das möchte ich meinen Enkelkindern weitergeben.

Interview: Ulrike Tonner

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