„Ein Garten ist eine Kunstnatur.“ (Robert Musil)
Eine der beliebtesten und kostengünstigsten Techniken der Vermehrung von Pflanzmaterial im Garten ist die Vermehrung durch Stecklinge, Absenker, Ausläufer und durch Teilung des Pflanzgutes. Hierdurch können Kahlstellen im Garten selbständig begrünt werden und pflanzen mit relativ wenig Aufwand vermehrt werden.
Grundsätzlich unterscheiden wir: Trieb-, Stamm- und Kopf-stecklinge.
Triebstecklinge sind halbholzige bzw. halbkrautige, beblätterte Triebe, die aus der Mitte des Astes stammen und keine Gipfelknospen haben. Sie werden von der Pflanze (auch Mutterpflanze genannt) abgeschnitten, von den Blättern befreit, mit Bewurzelungspräparate bestäubt in sandige Erde gesteckt und feucht gehalten.
Wichtig ist, dass der Boden eine Temperatur von 20° erreicht, um mit der Vermehrung beginnen zu können. Somit kann als der ideale Zeitpunkt die Monate Juni bis Mitte August angesehen werden, doch natürlich kann man ähnliche Verhältnisse auch in geschlossenen Räumen schaffen. Bei der Vermehrung wird ein Trieb in das Substrat gesteckt, dieses feucht gehalten bis sich von selbst kleine Wurzeln bilden und die Pflanze selbstständig weiterwächst. Für die Vermehrung mit Triebstecklingen eignen sich besonders Geranien (richtiger Name Pelargonien); Rosmarin, Buchsbaum, Oleander, Rhododendron, Weide, Fuchsien, Fleißiges Lieschen, Hortensien, Efeu, Nelken vermehren sich durch Kopfstecklinge.
Kopfstecklinge sind die bei uns bekannten „Pelzer“. Die Mär besagt, dass diese erst richtig gut anwachsen, wenn sie in einer Vollmondnacht um Mitternacht von der Mutterpflanze beim Nachbarn abgetrennt werden, doch dies wollen wir ja nicht praktizieren.
Die Kopfstecklinge sollten je nach Pflanze eine Länge von fünf bis 15 Zentimetern haben. Beachtet werden muss, dass sich am Steckling keine Knospe oder Blüte befinden darf, da die ganze Kraft für die Wurzelbildung genutzt werden soll. Ganz kahl soll der Kopfsteckling aber auch nicht sein, ein paar Blätter bzw. Blätterpaare sollten sich schon daran befinden, um so die Pflanze zum Weiterwachsen anzuregen.
Die mit einer Rebschere abgetrennten Kopfstecklinge werden ein bis zwei Zentimeter tief in einen vorher mit humoser Erde gefüllten Blumentopf gesteckt, wobei die Erde gut andrückt werden sollte um ein Umfallen des Stecklings zu vermeiden. Die Stecklinge sollten in einem geschlossenen, jedoch lichtem Raum gehalten werden und erst nachdem die Kopfstecklinge kräftig genug sind ins Freie gebracht werden. Pelargonienstecklinge wurzeln am schnellsten in einem Gemisch aus Sand und Torf und sollten 2 Wochen lang mit Plastiktüte bedeckt werden. Efeu, Oleander und Rosmarinzweige wurzeln schnell in einem mit Wasser gefüllten dunklen Glas, was das Antreiben der Wurzeln anregt.
Nach einigen Wochen werden die Wurzeln deutlich erkennbar. Dann werden die Stecklinge mit größter Vorsicht, da die neuen Wurzeln sehr leicht brüchig sind, in einem 10 cm großen Topf umgepflanzt, wobei sich die Zugabe eines Langzeitdüngers von Vorteil erweist.
Zu beachten: Beim Schneiden der Kopfstecklinge immer ein scharfes und sauberes Messer verwenden.
Vorsicht: mit dem Messer den Stängel nicht beschädigen. Es soll eine glatte und keine ausgefranzte Schnittstelle entstehen.
Tipp:
• Diverse kleine Becher eignen sich sehr gut zur Vermehrung von Kopfstecklingen, wobei vor dem Füllen mit Erde ein kleines Loch am Boden gestochen werden sollte, damit das Substrat nicht zu feucht wird und das überflüssige Wasser abrinnen kann.
• Von Vorteil für die Bewurzelung ist auch über den Steckling eine durchlöcherte Plastikhaube zu stülpen damit die Feuchtigkeit der Luft besser aufgenommen werden kann. Auch gilt: immer Maß halten und nicht zu viel Wasser zugießen! Es könnte zur Fäulnis kommen.
Aus: SBO-Bäuerinnenkalender 2019 Mein Bauerngarten. Rund ums Jahr