Das Dorf Tschengls klebt am Fuße des Südhangs am Vinschger Nörderberg und hat die Sonne somit meistens im Rücken. In den Sommermonaten ist sie in anderen Vinschger Ortschaften schon längst untergegangen, wenn sie langsam hinter den Bergen hinabtaucht und auch in Tschengls der Abend einkehrt. Landauf landab weiß man, dass es die Sonne im Winter aber nicht schafft, das 500-Seelendorf mit ihren wärmenden Strahlen zu erreichen. Zu hoch sind die Bergspitzen rund um die Tschenglser Hochwand und dahinter steht zu tief die Sonne. Ihre Strahlen fallen so flach auf die Erde, dass sie Tschengls aussparen. Es lässt sich genau beobachten, wann die Sonne im November ein letztes Mal für ein paar Minuten in Tschengls vorbeischaut und wann sie im Jänner wieder einkehrt. Als Faustregel gilt: Von Katharina (25. November) bis Fackltöni (Hl. Abt Antonius,17. Jänner) ist Tschengls sonnenlos, ganze 53 Tage. Messpunkt ist der Kirchplatz. Das Ende der Schattenzeit wird Jahr für Jahr sehnlich erwartet und seit 2007 feierlich begangen.
Das Sonnenfestl der Bäuerinnenorganisation des Dorfes hat sich am 17. Jänner zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt, mitgestaltet wird es von den Kindergartenkindern, indem sie ihre Sonnenbilder ausstellen und Sonnenlieder singen. Gegen 12 Uhr richten die Dorfbewohner und immer mehr Gäste von auswärts ihre Blicke erwartungsvoll in Richtung Zayjoch, wo die Sonne sich erstmals wieder sehen lässt und ihre Strahlen auf den Kirchturm legt. Heuer war es ein klarer Tag, der das Spektakel besonders gut erleben ließ. Bei Getränken, heißen Würsten und hausgemachten Krapfen wurde gefeiert, dass es von nun an wieder lichter und heller wird – jeden Tag ein bisschen mehr.
SBO Tschengls, Maria Raffeiner