Rückblickend: Kein einfaches Jahr, und doch gelingt es den Bäuerinnen, wichtige Themen weiterzutragen, Neues zuzulassen und gemeinsam nach vorne zu schauen.
Die Südtiroler Bäuerinnenorganisation vereint über 16.600 Bäuerinnen und Frauen unter einem Dach. Über 1.100 Funktionärinnen sind in den Ortschaften ihre Ansprechpartnerinnen, die versuchen die Bäuerinnengemeinschaft und das starke Frauennetzwerk aufrechtzuerhalten und zu stärken – immer mit dem Focus den bäuerlichen Familien ein gutes und angenehmes Leben am Hof und im Dorf zu ermöglichen. Dabei geht es um viele Themen, Themen mit denen sich die Landesbäuerinnenratsmitgieder beschäftigen, um weiterhin für die Bäuerinnen und für die Landwirtschaft in Südtirol einzustehen. Zu Jahresende geben sie den Lesern ihre Überlegungen und Ansätze weiter.
Bäuerinnen im Ehrenamt, Margit Gasser (Landesbäuerin-Stellvertreterin)
Die Gemeinschaft, der Zusammenhalt, der Erfahrungsaustausch sowie wertvolle Kontakte innerhalb der Organisation geben den Frauen Kraft und Motivation für ihr Ehrenamt. Viele Bäuerinnen engagieren sich aus innerer Überzeugung freiwillig und zusätzlich zu den beruflichen und familiären Aufgaben. Von lebendigen Vereinen profitieren die Bevölkerung, Gemeinden und die Wirtschaft gleichermaßen. Nicht immer ist es leicht, Bäuerinnen zu motivieren, ihre wenige Freizeit dem Ehrenamt zu widmen, besonders viel Überzeugungskraft braucht es bei der Suche für die Mitarbeit auf politischer Ebene. Sind das die Folgen der wenig positiven Ereignisse der letzten Jahre in der Landes- und Staatspolitik? Oder fehlen die Unterstützung, die Wertschätzung und die Anerkennung für die unentgeltliche Arbeit und für das freiwillige Engagement? Ich wünsche mir für das Jahr 2021, dass das durch Corona bedingte eingeschlafene Vereinsleben wieder aus dem Dornröschenschlaf erwacht und viele tatkräftige Frauen ihre wertvolle Arbeit fortsetzen.
Netzwerkarbeit unter Frauen, Irmgard Testor (Bezirksbäuerin Eisacktal-Wipptal)
Viele Frauen unserer heutigen Gesellschaft empfinden einen konstruktiven Austausch - sowohl zwischen Gleichgesinnten als auch Fachfrauen - als besonders wertvoll. Wir erhalten Ideen und Unterstützung von solchen großartigen Persönlichkeiten für unsere Arbeit und können Projekte aus dem Frauennetzwerk heraus beginnen. Beim sogenannten Netzwerken in der digitalen Welt oder ganz persönlich, schwingt auch die Freude am Austausch mit neuen Menschen mit und macht Spaß. Vordergründig geht es aber nicht nur um das Kennenlernen möglichst vieler Frauen, sondern verlässliche, gegenseitig stützende und wertvolle Beziehungen aufzubauen. Der Erfolg in der jeweiligen Situation kommt dann fast von selbst.
Aus- und Weiterbildung nach wie vor wichtig! Ingeborg Rechenmacher (Bezirksbäuerin Vinschgau)
Sofort nachdem viele Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen der Pandemie zum Opfer gefallen sind, haben die SBB-Weiterbildungsgenossenschaft und die bäuerlichen Organisationen reagiert und Vorträge, Seminare und Kurse für die Teilnehmer online angeboten. Besonders bei den Themen Digitalisierung und Arbeitssicherheit stehen interessante Webinare und Onlinekurse auf dem Programm. Auch wir Bäuerinnen haben uns den neuen Erfordernissen angepasst und bereits Sitzungen und Vorträge online abgehalten, denn wir sind überzeugt, dass sowohl der landwirtschaftliche Betrieb als auch die Bäuerinnen und Bauern persönlich von einer qualitativ hochwertigen Aus- und Weiterbildung profitieren. Aus- und Weiterbildungen erweitern den Horizont, geben Einblick in neue Materien und stärken unseren Selbstwert.
Obstwirtschaft: informativ und fair. Heidi Margesin (Bezirksbäuerin Meran)
Das Jahr 2020 wird uns wohl noch länger in Erinnerung bleiben: zum einen die Covid- 9 Pandemie, aber auch immer wieder das Thema rund um den Pflanzenschutzmitteleinsatz im Obst- und Weinbau. Gerade hier wären die Medien gefordert sich objektiv, informativ und fair gegenüber der Landwirtschaft zu verhalten und mehr über gemeinsame Ziele der integriert und biologisch wirtschaftenden Landwirte zu berichten, denn beide wollen nachhaltig wirtschaften und qualitativ hochwertige Lebensmittel bzw. Produkte erzeugen. Wollen wir hoffen, dass dieser „Pestizid Streit“ bald ein Ende findet. Besonders in der Erntezeit haben sich die Corona Vorschriften bei der Anstellung der Erntehelfer nochmals verschärft und für viele war diese Situation eine Herausforderung, welche mit Hilfe des Südtiroler Bauernbundes gut bewältigt werden konnte. Zum Glück! Und so hoffe ich, dass wir trotz allem zuversichtlich ins neue Jahr gehen.
Berglandwirtschaft: Die Höfe am Berg halten. Renate Steinwandter (Bezirksbäuerin Pustertal)
Wir stehen jetzt am Ende des Jahres 2020. Es war ein etwas anders Jahr und viele von uns sind froh, wenn sie 2020 verabschieden können. Es war für uns alle nicht leicht, trösten wir uns mit den Gedanken, alles Negative hat auch etwas Positives in sich.... Die Berglandwirtschaft verbinden wir mit harter Arbeit, Doppelbelastung und mit Bedenken bzw. der Frage: Wie geht die junge Generation damit um? Es steht ein Umdenken im Raum. Wie schaffen wir es, die Höfe am Berg zu erhalten und attraktiv zu machen, ohne sich selbst und die Familie dabei nicht zu vergessen? Denken wir aber auch an die schönen Momente und Erlebnisse, die wir auf unseren Höfen erleben dürfen, die vielen Sonnenstrahlen, die wir spüren, die Blütenpracht, die Begegnungen mit den Tieren, die freie Natur und Gäste, die wir verwöhnen dürfen. All das sind Lichtblicke. Seien wir dankbar, dass wir aus unseren Höfen etwas Besonders machen können. Gehen wir positiv in das Jahr 2021.
Nischenprodukte: innovativ und kreativ. Vroni Stampfer (Bezirksbäuerin Bozen)
Die Landwirtschaft stellt uns gerade in der jetzigen Zeit vor großen Herausforderungen. Großes Thema: Regionalität und Nachhaltigkeit: Dies ist für den/die eine/n Bauern/Bäuerin die Chance, um vielleicht die eine oder andere Idee in die Tat umzusetzen, um zusätzlich eine Einnahmequelle am Hof zu haben. Meist ist dies ein langer und nicht immer einfacher Weg. Gilt es zuerst einmal zu schauen, was der Markt so hergibt, ist mein Produkt gefragt, wo oder wie kann ich es verkaufen? Deshalb ist neben Anbau und Ernte die größte Herausforderung die Vermarktung. Und dies geschieht, wie auch die Landwirtschaft, nicht über Nacht. Man braucht kreatives Denken, Freude und Mut, um diese umzusetzen. Einen langen Atem sollte man auch haben und für Rückschläge gewappnet sein. Dafür habe ich Einfluss und Kontrolle über mein Produkt. Vor allem aber bleibt mir die Wertschöpfung.
Regionalität: nachhaltig leben und handeln. Maria Theresia Jageregger (Bezirksbäuerin Unterland)
Regional – saisonal – fair. Diese drei Worte sagen eigentlich das aus, womit uns beim Einkaufen die Auswahl der Produkte leichter fallen sollte. Gerade im heurigen Jahr wird uns bewusst, wie sehr die verschiedenen Wirtschaftszweige einander brauchen. Wir haben in unserem Land eine so große Vielfalt an guten, echten und gesunden Produkten, wo viel Arbeit und Einsatz dahinterstecken. Bewusst saisonal und regional einkaufen und dafür einen angemessenen Preis zu zahlen, stärkt den Wirtschaftskreislauf und kommt allen zu gute. Regionalität schafft gute wirtschaftliche Voraussetzungen, den Erhalt von Arbeitsplätzen und wirkt nachhaltig für die nächsten Generationen. Regionalität bedeutet Zusammenhalt und gegenseitiges Vertrauen.
Bräuche – wir brauchen sie. Bettina Kofler (Landesbäuerin-Stellvertreterin)
Südtirol ist geprägt von Bräuchen und Ritualen. Schon über Jahrhunderte werden diese geprägt. Jedoch es wäre unendlich schade, wenn diese verloren gehen würden. Auch wir als Südtiroler Bäuerinnenorganisation haben sie zurzeit in einem Kalender veröffentlicht (Online Brauchtumskalender der Bäuerinnen unter www.baeuerinnen.it). Wir können dabei so einige Bräuche wieder neu entdecken und weitergeben. Auch in schwierigen Zeiten können sie uns helfen, uns zum positiven Denken animieren. Sie geben mir persönlich Hoffnung, auch die Zuversicht, wenn ich in die Zukunft schaue, denn was wäre ein Leben ohne Bräuche. Ich bin Mutter zweier Kinder und ich bin stolz darauf, viele dieser Bräuche in meiner Kindheit kennen gelernt zu haben und sie jetzt meinen Kindern weiter geben zu dürfen. Wir brauchen Bräuche, um uns gemeinsam zu stärken und Halt zu geben. Also lasst uns gemeinsam gestärkt mit positivem Elan ins neue Jahr starten.
Südtiroler Bäuerinnenorganisation, Antonia Egger (Landesbäuerin)
Für mich war das Jahr 2020 ein eigenartiges Jahr: Ein Jahr, in dem ich oft Stress hatte und doch nicht viel weiterbrachte; in dem ich es sehr genossen habe, alleine im Garten zu arbeiten, aber dennoch oft Sehnsucht nach menschlichen Kontakten hatte; in dem ich dankbar war, dass wir in der Landwirtschaft nicht strengen Einschränkungen unterworfen waren, wie es die Menschen in der Stadt. Und doch fühlte ich mich eingeschränkt in meiner Freiheit, in der Umsetzung meiner Ideen, im Umgang mit meinen Mitmenschen und besonders im Umgang mit meinen Bäuerinnen. Traurig macht mich, dass es Menschen gibt, welche in dieser Zeit ihre Arbeit verloren und/oder große Einkommenseinbußen haben. Es ist wichtig, immer nach vorne zu schauen, und die kleinen Freuden, welche es immer wieder gibt, ganz auszukosten - was auch immer es sein möge. Es kommt sie sicher, die Zeit mit mehr Möglichkeiten des Zusammentreffens, des Feierns, des Reisens und und und... Was ich mir besonders wünsche ist, dass die Jugend trotz der strengen Maßnahmen und der langen Zeit ohne Schulbesuch gut aus dieser Zeit herauskommt und mit Freude die Zukunft unseres Landes gestaltet. Und ich wünsche, dass wir uns - für unsere Mitglieder, unseren Bäuerinnen und unsere Gemeinschaft – weiterhin begeistert in der SBO-Tätigkeit einbringen und dort ansetzen, wo wir im März aufgehört haben.
Der Landesbäuerinnenrat wünscht allen ein schönes Weihnachtsfest und ein gutes und gesundes Jahr 2021.