Brauchtumskalender der Bäuerinnen Nr. 31/53 vom 25. Mai 2021
Alljährlich findet in Leifers am Pfingstmontag die sogenannte Bachprozession statt. Diese hat ihren Ursprung in der Fürbitte gegen die Wassergefahr des Brantenbaches.
Das Leben im Brantental, genauso aber auch in der Stadt Leifers, das an der Ausmündung des Brantentales entstand, war immer schon gefährlich. Während der Schneeschmelze oder bei heftigen Gewittern schwoll das Gewässer zu einem Wildbach an und schleppte Geröll, Bäume und Felsbrocken ins Tal. Das letzte schlimme Ereignis war im Jahr 1966, als die Ufer des Baches durchbrochen wurden und der Bach ebenerdig durch einige Häuser und Wohnungen strömte und dabei auch einige Häuser im oberen Teil des Dorfes teilweise mitriss, die infolge dann abgerissen und neu aufgebaut werden mussten. Aber auch in den 1970er und 1980er Jahren trat der Brantenbach einige Male über die Ufer.
In den darauffolgenden Jahren konnte aufgrund der Wildbachverbauung der Wasserverlauf geregelt werden und der Mensch konnte den Bach bezwingen, wenn auch die Furcht für all das was er noch anrichten kann nie gewichen ist. Die menschliche Ohnmacht angesichts solch tragischer Ereignisse, ließ die Bevölkerung bereits vor Jahrhunderten zu göttlichen Kräften aufblicken. Von der Pfarrkirche aus erreicht die Prozession den Brantenbach in der Nähe des Pfleghofes, wo im Freien die hl. Messe gefeiert und der Bachsegen erbittet wird. Entstanden um die Drohungen des Baches durch göttliche Hilfe abzuwehren, erinnert somit die Prozession auch heute noch an das Verhältnis des Menschen zur Natur, dass sich zwischen Nutzung, Ehrfurcht und Angst bewegt.
Aus dem Manuale des Priesters, verfasst gegen Ende des 19. Jh., kann man folgende Informationen und Bemerkungen zur damaligen Prozession entnehmen: „Pfingstmontag. Um 8 Uhr Bachprozession. Es wird Pange lingua angestimmt, worauf die Musikanten antworten. Nach dem Segen geht die Prozession beim Kindergarten hinauf und gegen Stampfl hinüber, wo der Weg gegen Goldegg abbiegt, wird das 1. Evangelium; dann gehts hinauf bis neben der Pfleg, wo das 2. Evangelium wird. Von dort geht man bis zum Bildstöckl am Eingang ins Brantental, dort wird der Bachsegen gegeben. Von dort gehts neben der Pfleg herab gegen Kalch, wo das 3. Evangelium wird. Die Prozession geht über die Reif herab und bei dem Kreuze zwischen Friedhof und Kindergarten wird das 4. Evangelium; von da geht die Prozession in die Kirche, wo Tantum Ergo angestimmt und das Allerheiligste ausgesetzt wird.
Informationen: Pfarrarchiv Leifers – Pfarrei zu den heiligen Antonius Abt und Nikolaus, Buch: Leifers, vom Dorf zur Stadt – Anfänge-Entwicklung-Chanchen (Redaktion: Georg Tengler – Herausgeber: Raiffeisenkasse Leifers – 1998), Film: Leifers, ein Dorf nennt sich Stadt (Regie: Stefano Consolati, Kamera: Josef Ebner – im Auftrag von Gemeinde Leifers und Rai Sender Bozen – 2000)
Bild©Martine Zelger