Das Motto der Landesversammlung 2023 wurde unter das Motto gestellt: „Gemeinsam auf dem Weg.“ Das ist auch das Jahresthema.
Gemeinsam auf dem Weg ist in einem so kleinen Land wie Südtirol zielführend und stärkt uns. Gemeinsam auf dem Weg ist in unserem Land auch wichtig, das Verbindende lässt die Herausforderungen einfach und besser überwinden.
Wir haben dieses Motto auch deshalb gewählt, weil es immer wieder eine Herausforderung ist, nach den Neuwahlen das Gemeinsame und das Verbindende in der Bäuerinnenorganisation zu finden. Und da möchte ich auf drei Ziele, die in unserem Statut stehen, besonders hinweisen.
• Die Sicherung und Stärkung des bäuerlichen und ländlichen Lebensraumes und damit verbunden die Erhaltung und Pflege der Landschaft und der Umwelt.
• Die Wertevermittlung in kultureller und in religiöser Hinsicht.
• Die Stärkung des Stellenwertes der Frauen im Bauernstand und in der ganzen Gesellschaft.
Gerade in der heutigen Zeit, in der immer wieder das Wort Nachhaltigkeit angesprochen wird, können wir mit Stolz sagen, dass für uns Bäuerinnen und Bauern die Erhaltung von landwirtschaftlichen Ressourcen immer schon notwendig war. Nur so konnten wir die Betriebe gut der nächsten Generation weitergegeben.
Wir als bäuerliche Familien sind gemeinsam unterwegs, um den ländlichen Raum lebenswert und lebenswürdig zu erhalten. Wir sind Botschafterinnen für die Landschaft. Die Landschaft haben wir immer schon gestaltet, für uns etwas Besonderes, Lebensnotwendiges. Für die Gesellschaft aber einfach selbstverständlich. Und da ist es nicht zu viel verlangt, wenn vor allem von Seiten des Tourismus die Bereitschaft da ist, für diese Landschaftspflege eine Kleinigkeit zu zahlen, damit wir Bäuerinnen und Bauern auch weiterhin unsere schöne Landschaft pflegen können. Wenn die Bewirtschaftung des Hofes ein Minusgeschäft ist, ist es den Bäuerinnen und Bauern nicht mehr möglich weiterhin für alle die Landschaft zu gestalten – das muss uns klar sein! Und ich frage mich, worauf wir da noch warten!
Wir als Bäuerinnenorganisation wollen uns auch in den kommenden vier Jahren gemeinsam mit euch dafür einsetzen, dass der ländliche Lebensraum gesichert bleibt, gestärkt wird und die bäuerlichen Familien auf ihren Betrieben gemeinsam auf dem Weg bleiben können und da brauchen wir die Politik. Wir brauchen andere Rahmenbedingungen, um diesen heute noch lebendigen Raum weiterhin lebendig zu erhalten. Da ist es nicht genug, Förderungen hin- oder herzuschieben, da braucht es klare, einfache Rahmenbedingungen, auf die wir Bäuerinnen und Bauern bauen können. Sonst werden immer mehr Höfe verkauft, die Rechnung ist ganz einfach!
Wir brauchen dafür auch die Gesellschaft, die unsere Produkte wertschätzt und konsumiert und so gemeinsam für uns und mit uns die Landwirtschaft mitträgt.
Auch die Gastronomie kann gemeinsam mit uns zum Erhalt der Kulturlandwirtschaft beitragen, indem sie mit einer Selbstverständlichkeit zu unseren Produkten steht. Das kann und soll auch ein Mehrwert für sie sein.
Werte braucht es auch im Leben und damit verbunden die gegenseitige Wertschätzung, vor allem im Zusammenleben auf den Höfen und in der Nachbarschaft.
Gerade das Zusammenleben in der Nachbarschaft wird immer wichtiger, da die Familien auf den Höfen kleiner werden, und wo holt man schnell Hilfe, wenn ein Notfall ist? In der Nachbarschaft. Diese Wertschätzung braucht es auch im Zusammenarbeiten in unserer Organisation. Ein wertschätzender Umgang und jede mit seinen Fähigkeiten annehmen motiviert im gegenseitigen Tun und stärkt die Persönlichkeit jeder einzelnen Person. Ein wertschätzender Umgang miteinander verträgt auch Diskussionen zu verschiedenen Themen. So kann das Arbeiten in einer Gemeinschaft sehr fruchtbringend sein und jeder einzelnen Bäuerin Motivation für ihre Arbeit am eigenen Betrieb geben. Sehr viele Bäuerinnen haben durch ihre Arbeit in unserer Organisation neue Ausrichtungen für ihren Betrieb gefunden. Dadurch hat sich ihr Stellenwert im Laufe der Jahre in der bäuerlichen Welt, aber auch in der Gesellschaft gesteigert. Dieser Stellenwert soll weiterhin nicht nur in der Mitarbeit, sondern auch in der Mitsprache in allen Bereichen ausgeweitet werden.
Und da frage ich mich: Wie steht es um die soziale Absicherung der Bäuerinnen? Viele arbeiten auswärts, halbtags, den restlichen halben Tag arbeiten sie am Hof. Für diese Arbeit am Hof sind sie nicht rentenversichert. Ist das gleichberechtigt? Wir Frauen arbeiten gerne in der Landwirtschaft, doch eine ordentliche soziale Absicherung brauchen wir. Wir müssen eine Änderung in der Rentenversicherung einfordern. Und da braucht es auch die Hilfe der Männer, diese Forderungen müssen wir gemeinsam stellen. Das ist nicht nur Frauensache.
Mit dem dritten Ziel, der Wertevermittlung in kultureller und religiöser Hinsicht, möchte ich auf einen unserer Höhepunkte der heutigen Versammlung hinführen. Die Vorstellung des Buches „Bäuerlichen Kapellen in Südtirol“.
Das Leben auf den Höfen war und ist auch heute noch sehr nach religiösen Werten ausgerichtet. Davon zeugen auch die vielen Hof- und Hauskapellen. Gerade die Bäuerinnen pflegen mit Liebe die Kapellenräume, schmücken sie mit Blumen, kümmern sich um den Altarbereich, schauen, dass die Altartücher ordentlich und sauber sind. Sie kümmern sich ebenso um diverse Familienfeiern, die meistens von den Frauen organisiert werden.
Ich war viel unterwegs in den letzten zwei Jahren, habe die bäuerlichen Familien besucht und in den Gesprächen gespürt, welch große Bedeutung die Kapellen für die bäuerlichen Familien haben. Die Kapelle ist ein Ort der Ruhe, in den man sich zurückziehen kann, um verlorene Kräfte aufzutanken. Den Bäuerinnen ist es wichtig, dass die Kapellen auch in Zukunft bestehen bleiben und gepflegt werden, damit weiterhin Gottesdienste oder Andachten stattfinden können – zusammen mit Freunden, Familien oder Nachbarn. Es ist wichtig, dass weiterhin Familienfeiern stattfinden und durch die Kapellen das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt wird. Das gibt Hoffnung, dass die Zukunft mit all seinen Herausforderungen gut gemeistert werden kann. Und hierfür gebührt allen Kapellenbesitzern ein ehrfürchtiger Dank für die Erhaltung dieser wertvollen Kulturgüter. Aus diesem Grund sollen die Kapellen auch in Zukunft genutzt werden – dafür müssen wir sorgen!