Landwirtschaft produziert nicht nur unsere Lebensmittel und nachwachsende Rohstoffe sondern gestaltet unsere Kulturlandschaft und trägt zur Wertebildung bei.
Landwirtschaft schafft „Mehr Wert“, sind sich die Organisatoren der Tagung „MehrWert Landwirtschaft: Werte schöpfen und bilden“ einig. Die Anzahl der Teilnehmer im bayerischen Bad Windheim sprach Bände: über 300 Bäuerinnen und Bauern, welche mit Kindern und Jugendlichen auf ihren Bauernhöfen arbeiten, kamen um zu erfahren, wie sie ihre Arbeit noch „wertvollerer“ gestalten können.
Werte entstehen durch Beziehung
Elisabeth Naurath, Professorin an der evangelisch- theologischen Universität in Augsburg: „Werte bilden sich vor allem über Beziehungen. Was in einer Beziehung wertvoll ist, ist ein Wert. Werte sind daher sehr subjektiv“. Die Basis, - egal ob im Umgang mit Menschen oder mit Tieren - ist also die Beziehungsqualität. „Die Wertschätzung“, so die Professorin, „sollte als pädagogische Grundhaltung an erster Stelle stehen. Denn dadurch begegne ich meinem Gegenüber ehrlich. Und diese Ehrlichkeit alleine stellt für sich schon einen Wert dar, der als solcher wahrgenommen wird“. Wertebildung ist seit jeher ein Thema, besonders an Bedeutung gewonnen hat es durch den rasanten Wandel, den die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat. Normen und Werte haben nicht mehr die Kraft, die sie früher einmal hatten. „Das bringt auf der einen Seite sehr viel Freiheit, auf der anderen Seite aber auch eine gewisse Orientierungslosigkeit und damit das Fehlen der Klarheit zum Lebensentwurf“, warnt die Theologin.
Wertvolle und damit wert-bildende Begegnungen
Der Bauernhof bietet ideale Begegnungsmöglichkeiten mit der Natur, mit der Landwirtschaft, mit dem Entstehen und Umgehen unserer heimischen Lebensmittel. Viel Wertschätzung wird bereits durch die authentische Beziehung der Bäuerin oder des Bauern zu den Tieren oder den Rohstoffen vermittelt. Vor allem Tiere sind für Kinder sehr wichtig: „ Kinder haben eine ganz natürliche Nähe zu Tieren, sie verkörpern für Kinder sehr viele Werte: Tiere sind kuschelig, bei Tieren müssen Kinder nichts leisten, Tiere haben immer Zeit. Kinder fühlen sich ein in Tiere und wollen sich um sie kümmern. Vor allem aber können Kinder auch ihre Selbtwirksamkeit erproben: Im Umgang mit den Tieren merken die Kinder, dass sie für die Tiere etwas Gutes tun können und daher wertvoll sind“, so Naurath.
Das ABC der guten Schule
Otto Herz, Pädagoge und Psychologe, hat das klassische ABC neu interpretiert und daraus das „ABC der guten Schule“ gemacht. Das „A“ steht hier für „eine Atmosphäre der Achtung, der Anerkennung und der Akzeptanz aufbauen“, das „M“ beispielsweise für „Mitmenschlichkeit mehren“ oder das „V“ für „Verantwortung vorleben“. „Das Meistern des Lebens erfordert mehr Kompetenzen als oft im traditionellen Schul-Curriculum vorkommen. Dieses ABC listet einige davon auf“, so Herz. „Auf einem Bauernhof kann man viele dieser Werte wunderbar lehren und lernen“, ist der Pädagoge überzeugt. „Vor allem das „H“ – „ zum Helfen herausfordern“: wenn Kinder den Stall misten, Tiere verpflegen oder Blumen gießen erfahren sie, dass es immer wechselseitige Unterstützung braucht. Die Erfahrung, dass ich von anderen angewiesen bin genauso wie sie es von mir sind, um gelingende Produkte herstellen zu können, sind eine wertvolle Lebenserfahrung. Ein Bauernhof bietet eine einmalige Chance des Lernens auf Gegenseitigkeit.“ Und: was Kindern gut tut, bekommt auch den meisten Erwachsenen.
Grün tut gut
Nicht fehlen durfte auf der Tagung das Thema „Soziale Landwirtschaft“ oder „Green Care“. Mittlerweile beweisen viele wissenschaftliche Studien, dass die Natur ein wunderbarer Therapeut ist: Grün verlängert das Leben, macht kreativer, verhindert Stress, sogt für weniger Krankheiten und macht glücklicher. Pflege und Therapien in und mit der Natur, in der Landwirtschaft und auf Bauernhöfen wird ein immer stärkeres Thema. „In der Interaktion des Menschen mit der Natur erlebt dieser einen größeren Zusammenhang, der als positive Voraussetzung für psychische Gesundheit angedeutet werden kann. Es handelt sich dabei unter anderem um Dankbarkeit, Kontrolle, Orientierung und um Optimismus“, so Andreas Niepel, Präsident der Internationalen Gesellschaft für Gartentherapie.
Schule am Bauernhof als Lernbereich
Betriebe, welche beispielsweise „Schule am Bauernhof“ anbieten, haben gute Voraussetzungen, um den Kindern viele „Lebeskompetenzen“ mitzugeben. Freundlichkeit, wohlwollende Herausforderung, wertschätzende Begegnungen und das Schaffen von Geheimnissen mit der Möglichkeit, es zu lüften, können den Besuch einer Schulklasse auf dem Schule am Bauernhof - Betrieb zu einem unvergesslichen Erlebnis für klein und groß werden lassen, waren sich Theoretiker und Praktiker einig. Weitere Informationen zum Thema Schule am Bauernhof gibt’s im Büro der Bäuerinnenorgansiation unter 0471 999 460 oder unter www.baeuerinnen.it