Die Herkunft unserer Lebensmittel und das bäuerliche Leben sind vielen Kindern und Erwachsenen heute oft völlig fremd. 28 Schule am Bauernhof-Betriebe in Südtirol machen unsere Landwirtschaft greifbar.
Vor allem in den Städten aber auch bereits am Land leiden Kinder und Jugendliche unter Naturentfremdung. Viele Kinder kennen den Bauernhof nur mehr aus dem Fernsehen. Die Werbung und der Lebensmittelüberfluss verzerren ihre Wirklichkeit: Ob lila Kuh, sprechende Schweine, zuckersüße Milchprodukte, die versprechen gesund zu sein, ein voller Supermarkt, indem immer und alles verfügbar ist. Vielleicht ist es eine Art Wirklichkeit aber es ist nicht die Wahrheit: Man muss wissen um zu verstehen und einen Bezug haben um wertschätzen zu können. Schule am Bauernhof packt beides bei der Wurzel.
Lehren vom Leben
Die Schüler und Schülerinnen verbringen ca. 3 Stunden auf einem zertifizierten Schule am Bauernhof Betrieb. Die pädagogisch geschulten Bäuerinnen und Bauern geben Einblicke in die Herstellung von Lebensmitteln – vom Ursprung bis hin zum hochwertig veredelten Produkt. Die Kinder sollen selbst ausprobieren können. Bei den bäuerlichen Arbeiten mithelfen dürfen: Je nach Ausrichtung des Hofes backen die Kinder Brot, ernten Kartoffeln, schlagen Butter, pflücken Äpfel, füttern die Tiere und vieles mehr. Sie sehen wo unsere Nutztiere, Hühner, Kühe, Schafe, Schweine zu Hause sind. Sie erfahren viel über ihr Verhalten und woher das Fleisch stammt.
Lebenswerte Zukunft
Beim Besuch gibt es auch immer eine gesunde Jause aus hofeigenen Produkten. Hauptzielgruppe von Schule am Bauernhof sind vor allem deutsch- und italienischsprachigen Grundschüler, aber auch Mittel- und Oberschulkinder und Erwachsene entdecken Schule am Bauernhof. Auch für Kinder mit Migrationshintergrund ist dieser Besuch ein besonderes Abenteuer, weil sie so eintauchen können in ein Stück Südtirol. Jeder deutsch-, italienisch- und ladinischsprachiger Schulsprengel besitzt zusätzlich eine Lehrmittelkiste: „Mein großer Bauernhof-Kiste“. „Mein großer Bauernhof" ist gefüllt mit Unterrichtsmaterialien mit Büchern und Spielen rund um die Themen Bauernhof und gesunde Ernährung und wird zur Vorbereitung und Nachbereitung des Bauernhofbesuchs im Unterricht herangezogen.
Der Schritt zum Anbieter
Sonja Stofner Moser und ihr Mann haben sich 2012 entschieden den Schmiedlhof in Sarntal wieder zu beleben. Bis dahin waren die Wiesen verpachtet und es gab kein Wirtschaftsgebäude mehr. Es wurde ein neuer Stall und Stadel errichtet, die Wiesen wieder bewirtschaftet und Tiere, Schafe auf den Hof geholt. Von vornherein war ihnen aber bewusst, dass es sehr schwierig ist, einen solchen kleinen Hof rentabel zu bewirtschaften. Sonja und ihr Mann waren auf der Suche nach neuen Ideen und Herausforderungen. Beide arbeiten gerne mit Kindern. Da kam der Lehrgang Schule am Bauernhof gerade richtig. Ab Herbst 2017 wird am Schmiedlhof ein vielseitiges Programm angeboten: Ob Kartoffeln setzen, Wildkräuter wie Quendel, Schafgarbe, Königskerze kennen und verarbeiten lernen, Schafe erleben, ihre Wolle waschen, kardieren und filzen oder die Gemüse- und Obstkostbarkeiten des Bauernhofes kennenlernen.
Kleine Gäste am Hof mit Freude empfangen
Sonja Stofner Moser vom Schmiedlhof in Sarntal hat 2016 den Lehrgang Schule am Bauernhof abgeschlossen. Ab Herbst 2017 bietet sie Schule am Bauernhof an. Sie erzählt im Interview über ihre Beweggründe.
Was sind die Vorrausetzungen für Schule am Bauernhof?
Voraussetzungen sind meiner Meinung nach ein gutes und kindgerechtes Programm. Außerdem ist eine gute Vorbereitung das Um und Auf, Kinder können sehr fordernd sein. Die Bauersleute sollten gerne mit Kindern arbeiten, ihren Beruf Bauer/Bäuerin mit Begeisterung ausüben: Frei nach Aurelius „In dir muss brennen, was du in anderen entfachen willst“. Eine hohe Sicherheit muss gewährleistet werden.
Was ist nach deiner Meinung die wichtigste Aufgabe von Schule am Bauernhof?
Schule am Bauernhof ermöglicht es den Kindern interessante Informationen spielerisch zu entdecken und dies in einer nicht alltäglichen Umgebung. Es ist sehr wichtig den Schüler/innen fachliche Informationen weiter zu geben. Es soll nicht nur ein unterhaltsamer Ausflug sein, sondern die Schüler/innen sollen praxisnah Wissen erlernen. Und darüber hinaus spüren und erleben sie einen Teil der bäuerlichen Kultur, ein Stück naturnaher Lebensqualität.
Ein einprägendes Erlebnis bei einem Besuch, das du gut in Erinnerung hast?
Ich hatte eine Kindergartengruppe hier auf dem Hof. Wir haben im Frühling Kartoffeln gesetzt und dann im Herbst geerntet. Als die Kinder im Frühling zu Besuch waren, habe ich ihnen ein selbst gebackenes Brot als Jause gereicht. Die Kinder haben selbst Butter gemacht und dieses mit selbst gepflückten Ackerstiefmütterchen verspleißt. Der Kommentar eines Mädchens hat mir so gut gefallen, sie hat gesagt: „So etwas SCHÖNES habe ich noch nie gegessen.“ Oftmals sind es die kleinen Dinge, die die Kinder zum Staunen bringen und wohl auch ein bisschen prägen.
Wohin sollte sich Schule am Bauernhof entwickeln?
Schule am Bauernhof sollte authentisch sein: Keine künstlichen Programme oder Wissensvermittlung, die in der Schule besser gelingt. Schule am Bauernhof soll im Freien stattfinden, soll naturnah sein, soll spannend sein, soll die Kinder zum Lachen, Nachdenken, Forschen, Zweifeln und zum Umdenken anregen. Umdenken vor allem im Konsumieren von Lebensmitteln!