Wie kann Familie in Zukunft gelingen? Was muss sich in der Familienpolitik ändern? Und was hat Politik mit mir als Bäuerin zu tun? Diese Fragen war Themenschwerpunkt bei den letzten beiden Vortragsreihen der Südtiroler Bäuerinnenorganisation.
Ums Thema Familie ging es im fünften Teil der politischen Vortragsreihe der Südtiroler Bäuerinnenorganisation, zu der die Meraner Bezirksbäuerin Heidi Margesin lud. Referentin Christa Ladurner referierte zum Thema „Was Familien brauchen und wie sie von Politik und Gesellschaft unterstützt werden können“.
Familie ändere sich, auch die Wünsche der jungen Frauen sowie die Anforderungen an sie. Die Familienpolitik müsse das miteinbeziehen, damit Familie auch in Zukunft möglich ist, so Christa Ladurner Koordinatorin der Fachstelle Familie im Forum Prävention, Mutter von drei Kindern, Sozialpädagogin und Soziologin sowie Gemeindereferentin in der Gemeinde Tscherms. „Es braucht eine familienfreundliche Arbeitskultur“, so Ladurner. In Südtirol sind 67 % der Frauen berufstätig, ein hoher Anteil im europäischen Vergleich. Die Familie hätte zwar nach wie vor die höchste Bedeutung im Leben, doch leider haben die Menschen zu wenig Zeit für sie, vor allem in bestimmten Familienphasen ist die Zeit bedingt durch die Erwerbsarbeit knapp.
Es gäbe schon Leistungen für Familien in Südtirol, doch in einigen Bereichen gäbe es großen Aufholbedarf, z.B. bei den steuerlichen Entlastungen. Familienpolitik sei vielschichtig und komplex, es müsste an vielen Orten agiert werden: als Arbeitgeber, als Land und auch als Gemeinde. Ladurner sprach von der Arbeitserhaltung während der ersten drei Lebensjahre des Kindes, von Recht auf Part time für eine bestimmte Zeit des Lebens: „Es gibt viel Aufholbedarf: flexible oder durchgehende Arbeitszeiten oder Vaterschaft muss selbstverständlich werden. Wir brauchen ein Gleichgewicht, eine gleichwertige Handhabung, erst dann kann Familie in Zukunft gut gelingen!“ Ladurner sprach immer wieder die Rentenabsicherung der Frauen an. „Da gibt es viel zu tun, denn sonst werden viele Frauen eine niedrige Rente bekommen, mit der sie nicht über die Runden kommen werden,“ plädierte Ladurner. Familienpolitik hätte mit Kultur zu tun, alle müssten familienfreundlicher werden, es müssten Schritte gesetzte werden, und diese seien auch auf Gemeindeebene möglich: flexible Kinderbetreuung das ganze Jahr über, auch für Schüler und Jugendliche, Mensadienst bis hin zur familienfreundlichen Mobilität. Es muss in Zukunft gelingen Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, damit Familie Zukunft hat. Das wurde in der abschließenden Diskussion von den Bäuerinnen klar deponiert.
Was hat Politik mit mir als Bäuerin zu tun?
Am letzten Vortragsabend lud die Vinschger Bezirksbäuerin Ingeborg Rechenmacher die Kammerabgeordnete und Vorsitzende der SVP-Frauen Renate Gebhard ein. „Die Politik braucht die Frauen mehr denn je. Es braucht Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen mit den unterschiedlichsten Lebensrealitäten, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen. Denn die Politik lebt von der Vielfalt – das sind sowohl Männer als auch Frauen - denn nur so können wir die besten Entscheidungen treffen,“ betonte Gebhard. Besonders wichtig sei auch, dass die Frauen nicht nur auf Orts- und Gemeindeebene in der Politik vertreten sind, sondern auch auf Landesebene, in Rom und in Brüssel: „Denn die Entscheidungen, die getroffen werden, beeinflussen unser Leben,“ so die Kammerabgeordnete.
Gebhard sprach auch den Mehrwert der Sozialen Landwirtschaft und die weibliche Altersarmut an. Frauen erhalten im Durchschnitt weniger Rente als Männer. Grund dafür sei nach wie vor, dass die Frauen hauptsächlich für die Erziehung und Betreuung der Kinder zuständig sind, für den Haushalt, für die Pflege älterer Angehörige, usw. Und genau das sind Bereiche, für die es eigentlich kein Entgelt gibt: „Dies ist nicht eine familieninterne Geschichte, sondern ein großer Dienst für die Gesellschaft. Der Staat sollte hierfür etwas unternehmen. Trotz vielen Anläufen und einer Unterschriftaktion sind wir noch nicht am Ziel“, so Renate Gebhard.
Die Kammerabgeordnete informierte über die Aufgaben eines Südtiroler Parlamentariers und erzählte über eine typische Woche in Rom. Dabei würden die persönlichen Kontakte eine wichtige Rolle spielen, so Gebhard. Nur durch einen ständigen Austausch untereinander, könne man im Rom etwas erreichen.
In der Diskussionsrunde konnten die Bäuerinnen dann ihre Fragen an die Kammerabgeordnete stellen: Gesetzgebungsausschüsse, bäuerliche Produkte in den Raststätten, Vergabegesetz, Weitergabe des Bewusstseins für die Landwirtschaft, Corona-Entschädigungen, sowie der Ausbau der Internetverbindung wurden angesprochen. Abschließend lud Renate Gebhard ein, Rom zu besuchen, und bei einer Führung den Senat und die Abgeordnetenkammer kennenzulernen. Ihr Ziel sei es den Südtirolerinnen und Südtirolern Rom näher zu bringen, „denn was dort geschieht, geht uns alle an.“
Bild: Familienpolitik und gute Altersvorsorge – Investition in die Zukunft