Je mehr man weiß, desto bessere Entscheidungen können getroffen werden. Dies war eine der wichtigsten Aussagen von Christine Mayr in ihren Vorträgen bei den Bäuerinnen.
„Was muss „Frau“ alles wissen, wenn sie einen Bauern heiratet, mit ihm gemeinsame Kinder hat und/oder mit ihm in eheähnlicher Weise zusammenlebt? Gleich zwei Bezirke, und zwar Bezirk Eisacktal-Wipptal und Bezirk Pustertal, luden kürzlich zu diesem Vortrag mit der Rechtsanwältin Christine Mayr ein.
Die Themen, die sie ansprach, waren vielfältig. Allen gemeinsam war die Wichtigkeit, darüber Bescheid zu wissen, um als gleichberechtigte Partner gemeinsam für die Familie aufkommen zu können und zu wirtschaften.
Das Thema Vertrauen spiele dabei eine wesentliche Rollen: „Vertrauen können wir nur haben, wenn wir auch über das Vermögen und die Finanzen Bescheid wissen“, so Christine Mayr. Leider werde über das Thema Geld zu wenig geredet, besonders nicht über die Schulden. Dabei wäre es immer wichtig klare Verhältnisse zu schaffen, damit Partnerschaft gelingen kann.
Mitarbeitendes Familienmitglied
Die Frauen seien heute meist berufstätig. Die Frage, ob die Frau als zukünftige Bäuerin den Beruf aufgeben sollte, müsse gut überlegte sein, denn eine Kündigung wirke sich auf die Rentenabsicherung aus. Es gibt heute mehrere Möglichkeiten sich abzusichern, wichtig sei es, dies auch zu tun. Wenn sich die Frau für die Mitarbeit am Hof entscheidet, so sollte sie als mitarbeitendes Familienmitglied für die Rente angemeldet werden. „Eine Bäuerin hat durch ihre Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb, aber auch in der Familie, Anrecht auf Unterhalt und anteilmäßig auf den Gewinn des Betriebes,“ informierte Mayr. Die Bäuerin könne auch mitentscheiden, wie die Gewinne investiert werden. In der Praxis werden die Gewinne jedoch in den Hof investiert oder etwas wird zum geschlossenen Hof dazugekauft. Hier gäbe es die Möglichkeit den Zukauf einer Liegenschaft nicht in den geschlossenen Hof zu geben, sondern auf beide Namen grundbücherlich einzutragen.
Gemeinsam entscheiden
Wichtig sei in erster Linie gemeinsam zu entscheiden, betonte Mayr, und dies ist nur möglich, wenn eine Frau, die auf einen Hof hinkommt, sich informiert: Wie ist meine Situation, wenn der Mann stirbt? Die Fragen, ob Gütergemeinschaft oder Gütertrennung, steht mir ein Zugewinn zu, wem gehört der Hof, was steht im Übergabevertrag usw., sollten schon Thema sein. „Gütergemeinschaft bedeutet nicht automatisch gemeinsames Konto, doch dies hätte einen großen Vorteil, vor allem wenn der Betriebsinhaber stirbt. Diese Überlegungen müssen Platz finden,“ so Mayr. Die Ehe sei heute nicht mehr Versorgungsinstitution wie früher. Klare Verhältnisse schaffen Vertrauen und Sicherheit.
Altbäuerin rechtlich absichern
Oft passiert es, dass bei den Hofübernahmeverträge die Frauen nicht vorkommen. Somit sind sie im Alter mittellos und ohne Rechte, mehr geduldet als erwünscht, obwohl sie ein Leben lang für den Erhalt und den Ausbau des Hofes gearbeitet und vielfach ihr ganzes Erbteil in den Hof des Mannes gesteckt haben. Um ein gutes und angenehmes Zusammenleben am Hof zu ermöglichen, muss deshalb auch die rechtliche Situation der Altbäuerin vereinbart sein. „Und je genauer ich das Wohnrecht und den Fruchtgenuss definiere, umso besser,“ rät Mayr.
Eheähnliche Lebensgemeinschaften
Christine Mayr stellte in ihrem Vortag klar: „Eheähnliche Lebensgemeinschaften sind Wohngemeinschaften, gegenseitig hat man keine Pflichten und keine Rechte, nur den gemeinsamen Kindern gegenüber.“ Die hat natürlich Auswirkungen: Der Lebenspartner hat kein Anrecht auf Erbschaft, auf Unterhalt und auf Hinterbliebenenrente. „Ein Testament gibt mir keine Sicherheit, das kann jederzeit abgeändert werden,“ so Mayr.
In der Diskussion wurden diverse Themen genauer hinterfragt, z.B. wie die Gütergemeinschaft sich bei einer Trennung auswirkt oder die Frage nach dem Unterschied zwischen Wohnrecht und Fruchtgenuss.
Fazit: Gut abgesichert zu sein ist immer gut, sich die Situation am Hof genau anschauen, sich informieren, klärende Gespräche führen – all dies trägt dazu bei, klare Verhältnisse zu schaffen und dadurch Vertrauen und Sicherheit zu fördern. Und noch etwas wurde festgehalten: Bereits die jungen Frauen sollten sich mit diesem Thema beschäftigen, denn sie sind selbst für ihre Vorsorge und Absicherung verantwortlich.
Infobroschüre: Die Bäuerin am Hof „Ich weiß Bescheid“, herausgegeben von der Südtiroler Bäuerinnenorganisation, erhältlich im SBO-Büro, Tel. 0471 999460, info@baeuerinnen.it