Alles ist Landschaft, alles ist wertvoll – mit dieser Aussage spricht Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer den hohen Wert der Landschaft an. Und auch die wichtige Rolle der Bäuerinnen, die sie gestalten und pflegen.
Interview Ulrike Tonner
Frau Kuenzer, die Bäuerinnen gestalten Landschaft, vielfältig, mit Liebe und Einsatz. Wie sehen Sie das?
Maria Kuenzer: Bauerinnen nehmen die Herausforderung an und setzen sich mit den Gegebenheiten von unterschiedlichen Landschaften wie Berg- und Tallandschaften, Trocken- und Feuchtgebiete auseinander. Ihr Grundsatz ist: alles ist Landschaft alles ist wertvoll.
Sie sehen hier die Bäuerinnen auch als wichtige Botschafterinnen für die Landschaft?
Die Frauen waren immer schon jene, die einen ganz besonderen Bezug zu Muttererde hatten. Die Frauen haben der Landschaft sehr vieles abgewonnen, Landschaft zu gestalten bedeutete für sie Überlebensstrategie, z.B. bei Kriegen, bei Seuchen haben die Frauen aus der Landschaft das herausgeholt, was sie zum Überleben brauchten. Die Frauen verstehen es aber auch, mit der Landschaft achtsam umzugehen. Sie haben dieses Bewusstsein, dass nicht der Mensch der Erhabene in der Natur ist, sondern dass die Natur über den Menschen steht und der Mensch gegebenenfalls nur ein Teil der Natur ist.
Glauben Sie, dass die Bäuerinnen sich dessen bewusst sind?
Ich glaube, dass eine neue Zeit anbrechen wird, und dass die Bäuerinnen auch in diesem Bereich neue Rollen einnehmen müssen. Die Bäuerinnen haben sich in den letzten Jahrzehnten, vor allem was den wirtschaftlichen Bereich am Hof anbelangt, weitergebildet und vieles umgesetzt. Ich denke, jetzt ist die Zeit gekommen, wo wir Frauen weiterdenken und uns als Botschafterinnen der Natur sehen sollten. Ich traue mich zu sagen, die Bäuerinnen könnten die Naturschützerinnen von morgen sein. Da brauchen die Bäuerinnen aber Gehör, und um gehört zu werden braucht es laute Stimmen. Die Bäuerinnen haben immer schon, wenn es notwendig war, sich zusammengeschlossen, gemeinsame Ziele vereinbart und diese Ziele konsequent umgesetzt. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Bäuerin im Bereich Weiterbildung stärker mit dem Thema Landschaft auseinandersetzt und dann auch Ziele formuliert. Was möchten wir, was brauchen wir, wofür setzen wir uns ein? Die Bäuerinnen sollten hier vorausgehen.
Sie sprechen von einem neuen Selbstverständnis, das hat ja mit verstehen zu tun. Verstehen das die Frauen?
Wir brauchen für die Landschaft ein neues Selbstverständnis. Hier Wege aufzuzeigen, ist wichtig. Natürlich werden die Bäuerinnen nicht morgen in die Umsetzung gehen, aber es braucht erstmal den Initiator, den Funken, ein klares Statement. Es ist uns bewusst, dass im Grunde der Gegenpol zur digitalen Welt die Landschaft ist, dass Menschen in der Landschaft Ausgleich suchen. Landschaft hat mit Gesundheit zu tun und ich denke, das sind alles neue Aspekte, die stärker als bisher berücksichtig werden sollen, wenn wir über Landschaft reden.
Die Bäuerin als Gestalterin der Landschaft und gleichzeitig als Naturschützerin: Ist das ihre zukünftige Rolle?
Vielleicht ist es jetzt notwendig, genau diese Doppelfunktion sichtbarer zu machen. Die Kombination zwischen der Bewirtschaftung der Landschaft, des Gestaltens und des Schützens ineinander zu verwebe und stärker nach außen zu getragen. Das vielleicht könnte ein neuer Weg, eine neue Ausrichtung sein.
Sie verwenden gerne den Begriff Schöpfung. Ein aussagekräftiges Wort für Sie?
Auf jeden Fall. Die Schöpfung berührt mich immer wieder. Dieses Bewusstsein für die Schöpfung und die Verantwortung, die wir ihr gegenüber haben, empfinde ich als etwas ganz Wichtiges. Auch in meinen politischen Leben spielt die Schöpfung eine große Rolle. Beim Thema Landschaftsschutz müssen wir das Ganze sehen. Das Kapital unseres Landes ist die Landschaft. Die Landschaft braucht uns nicht, wir brauchen die Landschaft. Sie ist im Grunde unsere Lebensgrundlage und deshalb sollten wir sorgsam und vor allem respektvoll damit umgehen. Die Bäuerin könnte in Zukunft eine zentrale Rolle in diesem Bereich spielen. Das ist mir sehr wichtig aufzuzeigen.