19 bäuerliche Kapellen öffneten am 2. Juni im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen 2023 ihre Tore und boten ein vielfältiges, kreatives und ansprechendes Programm für Jung und Alt.
Das Programm der Langen Nacht der Kirchen war auch heuer wieder bunt und vielfältig und reichte von Musik, Kirchenführungen, Familienangeboten, Tanz, Vorträgen bis zu gemeinsamen Gebeten, Wanderungen und Gottesdiensten. Vielerorts gab es Erkundungen von Orten, die sonst nicht zugänglich sind – von der Gruft bis hinauf zur Kirchturmspitze. Einen besonderen Schwerpunkt bei der Langen Nacht der Kirchen 2023 bildeten die bäuerlichen Kapellen. Die Südtiroler Bäuerinnenorganisation beschäftigte sich seit über zwei Jahren mit der Dokumentation aller bäuerlichen Kapellen in Südtirol und präsentierte heuer im Frühjahr das Buch die Bäuerlichen Kapellen in Südtirol. Dort sind insgesamt 620 bäuerliche Kapellen erfasst. 19 dieser besonderen Kleinode öffneten am 2. Juni dem interessierten Publikum ihre Tore.
Buchvorstellung in der Kapelle Bad Isidor
Die Südtiroler Bäuerinnenorganisation organisierte im Rahmen der Lange Nacht der Kirchen eine Buchvorstellung „Bäuerliche Kapellen in Südtirol“ in der Kapelle Bad Isidor in Kohlern, die auch die Titelseite des Buches schmückt. Landesbäuerin Antonia Egger erzählte bei der Buchvorstellung über die Entstehungsgeschichte und sprach von spannender Kleinarbeit, von schönen Begegnungen mit den Kapellenbesitzerinnen und Besitzern, und von wertvoller bäuerlicher Kulturgeschichte. „Ich möchte allen Besitzerinnen und Besitzern meine Wertschätzung entgegenbringen“, sagte Landesbäuerin Egger: „Es ist schön zu sehen, mit wieviel Freude die Bäuerinnen die Kapellen pflegen, mit welcher Verbundenheit die Besitzer ihre Kapellen uns zeigten!“
Kapellen haben viel zu erzählen
Die bäuerlichen Kapellen seien schützenswert, weil sie ganz viel erzählen. Sie erzählen über das bäuerliches Leben, über die Veränderung zum Beispiel von bäuerlichen Besitzverhältnissen im Laufe von Jahrhunderten, über die Art und Weise, wie gebaut wurde und mit welcher Liebe und Sorgfalt Kunstdenkmäler erschaffen wurden. Es steckt viel Volkskultur und Brauchtum in den Kapellen, erzählte Margot Schwienbacher, Autorin des Buches „Die bäuerlichen Kapellen in Südtirol“. Sie hat historische und kulturgeschichtlich Hintergründe der Entstehung beleuchtet, dem volksreligiösen Brauchtum nachgespürt und die Vielfalt der Kapellen im Buch beschrieben. „Ich wünsche mir, dass wir mit einem wachen Blick durch die Landschaft gehen und verstehen, welch Reichtum die bäuerlichen Kapellen uns bieten,“ sagte die Autorin bei der Buchvorstellung.
Schwienbacher erzählte zudem von den zahlreichen bäuerlichen Heiligen, denen die Kapellen geweiht sind, und sie sprach im Speziellen über die Badl Kapellen. Im späten Mittelalter entstanden die sogenannten Bauernbadln für die ländliche Bevölkerung: Mineral- oder Schwefelbäder, aber auch Schwitzstuben. Seit dem 18. und verstärkt noch im 19. Jahrhundert kamen adelige Erholungssuchende, städtische Bürger und Reisende in diese Bäder, die sich bald auch zu Beherbergungsbetrieben entwickelten. Weil zu einem ganzheitlichen Gesundheits- und Heilkonzept nicht nur der Körper, sondern auch Seele und Geist gehören, entstanden bei vielen Bauernbadln Kapellen, in denen regelmäßig Andachten zelebriert wurden. Eine davon war die Kapelle von Bad Isidor in Kohlern.
Inspiriert von der Vielfalt der bäuerlichen Kapellen in Südtirol und den Geschichten dazu genossen die Besucher die Atmosphäre der Langen Nacht der Kirchen der Kapelle Bad Isidor. Für Landesbäuerin Antonia Egger ein besonderer Abend: „Es ist für mich eine besondere Ehre das Buch Bäuerliche Kapellen in Südtirol vorstellen zu dürfen, weil das Buch zeigt, mit wieviel Ehrfurcht, Freude und auch Andacht die Bäuerinnen und Bauern ihre Kapellen hegen und Pflegen und dadurch einen besonderen Schatz bewahren.“
Bild: Buchvorstellung Bäuerliche Kapellen in Südtirol in der Kapelle Bad Isidor in Kohlern im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen.