Brauchtumskalender der Bäuerinnen Nr. 27/53 vom 26. April 2021
Isch die Hexennocht voll Regn, gib´s a Johr mit reichlich Segn.
Südtirols Sagenwelt kennt viele Hexengeschichten, und im ganzen Lande zeugen Hexensteine und Hexenplätze von magischen Orten.
Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai ist als Hexennacht bekannt, und damit verbinden sich unterschiedliche Vorstellungen von Bräuchen vorchristlicher Zeit.
Diese besondere Nacht wird seit jeher als Fruchtbarkeitsfest der Frauen gefeiert. Ein Feuer mit duftenden Kräutern diente der Reinigung. Diese oft ausufernden heidnischen Bräuche wurden zur Zeit der Christianisierung in Walpurgis umbenannt und sollten mit dem Namen einer Heiligen verdrängt werden. Da alte Riten schwer abzuschaffen sind, wurde sie abgeändert und aus guten Geistern wurden Hexen, denen man bösen Zauber und „mit dem Teufel im Bunde zu sein“ anlastete. Im Volksglauben gilt diese Nacht immer noch als geheimnisvolle Nacht, die als Frühlingsfest in der Natur gefeiert wird, wie auf dem prähistorischen Kraftplatz Sankt Hippolyt in Naraun bei Tisens. Dort werden wie in anderen Gegenden jedes Jahr Rituale rund um das Fest der Liebe und der Fruchtbarkeit zelebriert, um die wiederkehrenden Kräfte der Natur zu feiern. Ein gemeinsamer Spaziergang hinauf auf Sankt Hippolyt, das symbolische Schreiten durch ein Fruchtbarkeitstor, duftendes Räucherwerk und ein „Hexenfeuer“ versetzen in den Zauber der Walpurgisnacht.
Der Heiligen Walpurga sind in Südtirol fünf Kirchen geweiht. Sie wird als Äbtissin mit einem Fläschchen dargestellt und gilt unter anderem als Schutzpatronin gegen böse Geister. Das Walpurgis Öl, ein in einer Walpurgiskirche geweihtes Wasser, gilt als Heilmittel „gegen alle Gefahren des Leibes und der Seele“.
Text©Aus: Lebendige Bräuche in Südtirol, Jutta Tappeiner und Hans Grießmair, Athesia Verlag 2019
Bild©Tourismusverein Tisens-Prissian_Georg Mayr
ONLINE-Veranstaltung (Zugang kostenlos): "Magische Walpurgisnacht auf St. Hippolyt"