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Sonntag, 26 März 2023

Schritt für Schritt zurück ins Leben

Sie entschieden sich nach schweren Schicksalsschlägen dazu, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen und ihren Hof - ihre Heimat - für sich und vor allem für ihre Kinder für die Zukunft zu sichern. Die Südtiroler Bäuerinnenorganisation ehrt fünf Frauen für ihren Mut und ihre Kraft, trotz des tragischen Verlust ihrer Männer den bäuerlichen Betrieb weiterzuführen. Die Stiftung Südtiroler Sparkasse stellt heuer wiederum die Preise für die Witwenehrung zur Verfügung.

Sr. Mirjam Volgger der Stiftung betont in ihrer Ansprache beim Landesbäuerinnentag 2023 die Wichtigkeit dieser Ehrungen.

Der Preis im Jahr 2023 geht an Margit Schmid Wwe. Huber (Nolte, Elvas), Marianne Rabensteiner Wwe. Senn (Neuhaus, Villanders), Hildegard Weithaler Wwe. Nischler (Öbersthof, Naturns), Consolata Nagler Wwe. Rungger (Feuer, St. Martin in Thurn/Longiarü) und Maria-Luise Egger Wwe. Malpaga (Payersberg Schloss, Nals). 

Margit Schmid Wwe. Huber (Nolte, Elvas)

Margit wuchs auf einem kleinen Hof in Terenten zusammen mit sieben Geschwistern auf. Bereits mit 15 Jahren ging sie fort, um in Innsbruck die Handweberei zu erlernen. Mit 24 lernte sie August kennen und Margit schenkte drei Buben das Leben: Matthias, Martin und Michael. August übernahm den Heimathof „Nolte“, im Ortskern von Elvas. Sie planten den Hof zu sanieren, doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Nach einem Traktorunfall verletzte sich August so schwer, dass er ins Wachkoma fiel. Jeden Tag besuchte Margit ihren Gustl im Krankenhaus, sie wollte nicht akzeptieren, dass für ihn keine Hoffnung mehr besteht, und kämpfte um sein Leben. 1997, sieben Jahre nach dem Unfall, verstarb er. Die Kinder bekamen einen Vormund. Neben den finanziellen Sorgen kamen Streitereien um den Hof hinzu, die Kinder erkrankten - für Margit sehr belastend. Es gelang ihr, den Hof zu schließen und Ordnung hineinzubringen. Zum Glück hatte Margit gute Menschen um sich, die sie stets darin unterstützten. Ablenkung und Trost fand Margit außerdem im Orts- und Bezirksbäuerinnenrat, wo sie mit viel Freude ehrenamtlich mitarbeitete. Heute leben Margit und ihr Martin mit seiner Familie auf dem Obstbaubetrieb, der inzwischen biologisch bewirtschaftet wird und wo es Ferienwohnungen gibt. Die 76jährige Altbäuerin genießt heute das Leben auf dem neuerbauten Hof sehr: „So schian hon is no nia kop.“

Marianne Rabensteiner Wwe. Senn (Neuhaus, Villanders)

Aufgewachsen ist Marianne als eines von fünf Kindern auf dem Bacherhof in Villanders. Es gab immer viel zu tun, Marianne half stets mit und verbrachte die Sommermonate auf der Alm. Mit 23 Jahren heiratete Marianne ihren Josef und sie bauten für sich und die drei gemeinsamen Kinder Konrad, Gertrud und Erika ein kleines Haus auf dem Sambergerhof. Doch mehrere Schicksalsschläge nahmen ihren Lauf: Die jüngste Tochter Erika war kränklich. Zur selben Zeit erkrankte Josef an Leukämie. Die Ärzte gaben ihm noch zwei Jahre Lebenszeit. Nach der Diagnose blieb Josef stark, wollte für seine Familie vorsorgen und verkaufte den Sambergerhof und kaufte den darunterliegenden Milchviehbetrieb „Neuhaus“. Wenige Jahre später, 1978, verstarb Josef schließlich. Was Marianne in dieser schwierigen Zeit stärkte, das war das Gottvertrauen. Trotz vieler Umstände und den finanziellen Schwierigkeiten schaffte es Marianne den Hof neu aufzubauen: „Es isch net leicht gongen, obor gongen isches.“ Mit ihren 78 Jahren besucht sie heute Computerkurse und liebt das Online-Watten. Wenn sie anderen Frauen einen Ratschlag geben darf, dann sind es gleich zwei: Gottvertrauen nicht verlieren und Tagebuch führen. Das hat Marianne immer Kraft gegeben.

Hildegard Weithaler Wwe. Nischler (Öbersthof, Naturns)

Hildegard wuchs auf einem Hof am Nördersberg auf und arbeitete bereits mit 13 Jahren im Gastgewerbe. Bäuerin wollte sie nie werden, doch es kam anders: In den 1990er Jahren lernte sie Erich kennen, der zu dieser Zeit den Öbersthof seines Großonkels erbte und nach der Hochzeit entschlossen sie sich, den sanierungsbedürftigen Hof gemeinsam aufzubauen. Hildegard kümmerte sich von da an ums Vieh, während Erich als Zimmerer und bei der Aufforstung arbeitete. Bald schon kamen Michaela und Florian auf die Welt. Hildegard brachte Andreas mit in die Ehe. Im Jahr 2010 passierte ein tragisches Unglück: Erich verunglückte mit dem Transporter in den steilen Wiesen und starb noch an Ort und Stelle. Von nun an stand Hildegard mit drei Kindern alleine da, doch aufgeben war keine Option. Bereits ein Jahr nach dem Tod von Erich setzte sich Hildegard für bessere Zufahrtswege in den steilen Wiesen ein. Heute ist Hildegard 55 Jahre alt und kümmert sich mit viel Fleiß um das Vieh. Seit 18 Jahren ist sie im Ortsbäuerinnenrat Naturns tätig, auch beim Heimatpflegeverein von Naturns und im Ausschuss des Konsortiums. Hildegard verbringt gerne Zeit mit ihren sechs Enkelkindern und wünscht sich „dass olls guat geat, olle gsund bleiben und dass i die Enkelen sig aufwochsen. I bin zufrieden, arbeiten miaßn de im Tol a, tauschn würd i net!“

Consolata Nagler Wwe. Rungger Feur (St. Martin in Thurn, Longiarü)

Consolata ist in Longiarü aufgewachsen. Die Kindheit war nicht einfach. Ihre Mutter starb, als sie und ihre Schwester klein waren. Als sie 11 Jahre alt war, starb auch ihr Vater und ihre Stiefmutter heiratete nochmal. Da wurde es eng auf dem Hof. Consolata besuchte die Handelsschule in Brixen und ging ins Internat. Danach arbeitete sie als Kellnerin in St. Martin in Thurn und da kehrte der Maurer Gerolamo immer wieder ein, bis Consolata endlich ja sagte. Mit 21 Jahren heiratete Consolata, ein Jahr darauf kam Gabriel. Als der Stiefvater starb, wollte die Stiefmutter den Hof übergeben. Es war Gerolamo, der Consolata überzeugte, den Hof zu übernehmen. Die Stallarbeit übernahm Gerolamo, die Arbeit auf dem Feld erledigten sie gemeinsam. 1997 jedoch verstarb Gerolamo plötzlich unerwartet. Gabriel war 19 und Manuel 16 Jahre alt. Ein schwerer Schicksalsschlag. Für die 41jährige Consolata stand fest: „Den Hof gebe ich nicht auf!“ Sie schaffte es, alles unter einen Hut zu bringen, die Arbeit im Kindergarten, die Stall- und Hofarbeit und die Ferienwohnungen. Bemerkenswert ist ihr soziales Engagement: Consolata war 16 Jahre Präsidentin der Frauenbewegung, sie ist Pfarrgemeinderatsmitglied, engagiert sich im Dekanat und im Tourismusverein. Ihre Devise nach dem Tod ihres Mannes: „Ich mache zu Hause die Türe zu, und im Kindergarten gehe ich positiv hinein.“

Maria-Luise Egger Wwe. Malpaga (Payersberg Schloss, Nals)

1870 erwarb die Familie Malpaga Schloss Payersberg in Nals und hielt es seitdem in Stand. Hier ist das Zuhause von Maria-Luise. Sie kam durch die Heirat mit Helmuth Malpaga im Alter von 25 Jahren hierher. 1993 kam Alex zur Welt, sechs Jahre später David. Maria-Luise arbeitete am Hof fleißig mit, im Weinberg, in den steilen Hängen rund um den Hof und in den Apfelanlagen. 2008 erkrankte Helmuth: Magentumor war die Diagnose. Drei Jahre kämpfte er gegen die Krankheit. Chemo, Operation, Bestrahlung haben nicht nur Helmuth belastet, sondern die ganze Familie. Am 2. September 2011 hat Helmuth den Kampf gegen den Krebs verloren. „Wenn ich die Buben nicht gehabt hätte, dann hätte ich bestimmt nicht weitergemacht“, so Maria-Luise. Das große Schloss, die Obstwiesen und Reben, die Verantwortung, die finanziellen Sorgen wären ohne Einsatz von Alex nicht zu bewältigen gewesen, nur so konnte der Hof weiter bewirtschaftet werden. Fünf Jahre nach dem Tod von Helmuth erkrankte dann Maria-Luise an eine Autoimmunerkrankung und verlor ihre Haare. Ein Schock, der sie sehr belastet, aber sie hat gelernt, damit zu leben. Maria-Luise hat sich gut in das Dorfleben integriert. Für die Zukunft wünscht sie sich: „dass mir weiterhin gschoffn und fest zommholtn, und dass mir gsund bleiben."

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