Fünf Witwen wurden beim diesjährigen Landesbäuerinnentag wieder für ihre Lebensleistung geehrt. Schwester Miriam Volgger von der Stiftung Sparkasse überreichte den Bäuerinnen die Auszeichnung. Zum Schluss gab es viel Applaus und stehende Ovationen.
Einer der Höhepunkte des Landesbäuerinnentages war auch in diesem Jahr wieder die Ehrung der Witwen. Sie haben ihren Ehemann früh verloren und es trotzdem geschafft, nicht nur ihre Kinder großzuziehen, sondern auch ihren Hof weiterzuführen und ihn an die nächste Generation weiterzugeben. „Vergelt's Gott für Euer Lebenszeugnis", bedankte sich Schwester Miriam Volgger von der Stiftung Südtiroler Sparkasse in ihrer Ansprache:
Sehr geschätzte Anwesende, liebe Witwen,
die ihr heute hier stellvertretend für viele in unserem Land, die ein Schicksal gemeistert haben, präsent seid. Denn soeben verklungenen Schicksalsberichten wäre schlichtweg nichts mehr hinzufügen. Jede Geschichte ist einzig, was sie jedoch gemeinsam haben, ist das Beispiel, wieviel Stärke und ein tiefer Glauben unter Beweis gestellt wurde. Der Stiftung Südtiroler Sparkasse ist es ein Anliegen, solche Lebenszeugnisse zu honorieren, der Preis soll ein Zeichen des Respektes, der Anerkennung für das sein, das ihr durch und in der Bewältigung des Schicksalsschlages gleistet habt.
Vielleicht findet ihr euch im folgenden Spruch wieder: Immer, wenn du meinst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her. Auf diese Lichtlein wart ihr in der dunkelsten Zeit eures Lebens angewiesen. Viele kleine Lichtlein der Nächstenliebe, der Hilfe und des Wohlwollens haben euch immer wieder einen Schritt weitergezeigt. Selbst wenn jede Geschichte einzig ist, so können wir heute, die wir ihr sind, doch alle aus diesen Erfahrungen was mit nach Hause nehmen, nämlich einen großen Respekt für diese Frauen, aber vor allem sollten wir uns von den genannten Beispielen, wie geholfen wurde, anregen lassen. Und vor allem eines ist mir wichtig, dass wir nie neidisch auf jene schauen, denen Hilfe zu teil wurde. Neid ist wie Salz in den Wunden. Wunden heilen, aber die Narben bleiben ein Leben lang.
Ein großes Vergeltsgott für euer Zeugnis!
Elke Waldboth Wwe. Steiger, Pekulerhof, Lüsen
Aufgewachsen ist Elke in Kastelruth auf einem Hof, den heute ihr Bruder bewirtschaftet. Mit 17 Jahren lernte sie Reinhold kennen. Mit 24 Jahren heiratete sie ihn und zog auf den Pekulerhof, den Reinhold 1996 übernommen hatte. 1999 kam Anna zur Welt, dann Laura und Maria. Elke lebte sich im Tal ein. Reinhold war sehr aktiv im Dorf, er genoss die Gemeinschaft und er war immer hilfsbereit. Sie hatten es fein miteinander. 2010 dann, im Alter von 37 Jahren, ereilte Reinhold ein Herzinfarkt. Sie waren gerade mal zwölf Jahre verheiratet. Die Kinder waren klein, fünf, acht und zehn Jahre alt. Mit der Familie von Reinhold war es vorher schon nicht einfach, deswegen musste Elke alles allein voranbringen. Aber sie ließ sich nicht unterkriegen. Ihr haben immer viele Leute geholfen: ihre Familie, die Dorfbevölkerung, die Nachbarn. Und trotzdem musste sie eine Entscheidung treffen. Sie wechselte von Milch- auf Jungvieh. So gelang es Elke, alles unter einen Hut zu bringen. Auch finanziell hat die junge Bäuerin alles in den Griff bekommen. Sie nahm halbtags eine Stelle als Verkäuferin an. Reinhold und ihre Mama, die leider auch verstarb, sind immer noch da, sie helfen ihr von oben und geben ihr Kraft im Alltag. Maria, die jüngste Tochter, interessiert sich sehr für die Landwirtschaft, und auch ihr Partner. Darüber freut sich Elke sehr. Sie hofft, dass sie den Hof übernehmen wird und dass das Leben und Wirtschaften auf dem Hof weitergeht.
Anna Meraner Wwe. Rabensteiner, Baumannhof, Latzfons
Anna ist in Latzfons aufgewachsen. Mit 30 Jahren heiratete sie ihren Nachbarn Gustl und zog zu ihm auf den Baumannhof, wo noch die Schwiegermutter und ein pflegebedürftiger Onkel lebten. Leicht war es nicht. Ein Jahr nach der Hochzeit kam Rita auf die Welt, 1983 dann Manuel. Der Hof war in keinem guten Zustand: Es war immer kalt. „Do bleib i dir net,” sagte Anna zu ihrem Gustl, und er verstand. Es wurde saniert und neu gebaut. Gustl hatte eine große Freude mit den Kindern. Doch das Familienglück dauerte nicht lang. Mit 45 Jahren erkrankte er an einem Hirntumor, wurde operiert, starb aber zwei Jahre später. „Man verliert den Boden unter den Füßen“, beschreibt Anna die Ohnmacht, der man ausgesetzt ist. Alles allein schaffen: die Hofarbeit, die Kinder, die Stallarbeit, die Bürokratie und das Finanzielle. Der Baumannhof ist steil, 110 Erschwernispunkte. Zum Glück fand sie immer wieder jemanden, der ihr half. Das Fahren mit dem Traktor war ein Problem. Sie hatte zwar den Führerschein, doch in den steilen Wiesen traute sie sich nicht. Am Anfang haben die Schützen und die Nachbarn geholfen, dann auch Erntehelfer. Später dann waren die Kinder größer, und sie konnten Anna unter die Arme greifen. Anna suchte Anschluss im Dorf. Seit vielen Jahren ist sie im KVW-Ausschuss, auch bei den Senioren und den Bäuerinnen ist sie dabei. Die Kinder waren für Anna immer der Antrieb, den Hof weiterzubringen, mittlerweile haben sie selber Familie. Die fünf Enkelkinder bereichern das Leben von Anna sehr. Manuel hat 2016 den Hof übernommen. Er hat eine große Freude mit der Landwirtschaft. Wo sie kann, hilft Anna aus.
Brigitte Gögele Wwe. Gufler, Moar-Hof, St. Martin in Passeier
Brigitte wurde als drittes von neun Kindern auf dem Gögelehof geboren. Mit 18 Jahren lernte sie Sepp kennen, anderthalb Jahre später wurde geheiratet und sie zog auf den Moar-Hof. Nach und nach kamen die Kinder: Reinhard, Stefan, Siegrid, Luis, Margit und Hans. Sepp litt immer häufiger unter Kopfschmerzen. Ein Augenarzt diagnostizierte schließlich einen Tumor im Kopf. In Innsbruck wurde Sepp dann operiert. Von da an brauchte er viel Hilfe im Alltag. Dann ein weiterer Schrecken: 1988 brannte das Bauernhaus ab. Brigitte verlor alles. Die Schultaschen der Kinder konnte sie noch retten, das war ihr wichtig. Es begann eine Zeit der Ungewissheit. Für kurze Zeit lebten sie bei Sepps Bruder. Dann richteten sie sich eine provisorische Bleibe in der Garage ein. Bereits damals musste Brigitte vieles allein bewältigen. Sepp war zu schwach, um Brigitte zu helfen. Eine große Stütze waren ihre Kinder. Es folgten Jahre harter Arbeit. Brigitte gab nie auf, irgendwie schaffte sie es: das Finanzielle, den Hof, das Bürokratische, die Pflege von Sepp, der 2008 verstarb. Heute bewirtschaftet der älteste Sohn Reinhard mit seiner Frau Margit den Milchviehbetrieb. Die 69-jährige Bäuerin hilft noch tatkräftig mit, sie betreut vor allem die Gäste. Am Hof gibt es acht Zimmer mit Halbpension. Freude bereiten ihr auch die 13 Enkelkinder. Die traditionsbewusste Bäuerin nimmt gern an den Prozessionen und Ausflügen der Bäuerinnen teil. Manchmal tut es ihr gut, unter Leute zu kommen. Ihr Rat an alle Witwen: Niemals den Glauben verlieren. Die Kinder werden erwachsen und gehen ihre Wege, und dann ist man allein. Was dann bleibt, ist der Glaube.
Annemarie Hanspeter Wwe. Widmann, Tramin
Annamarie Hanspeter ist in Söll aufgewachsen, einem kleinen Ortsteil oberhalb von Tramin. Ihre Eltern bewirtschafteten einen kleinen Hof. Sie war bei der Bauernjugend, auch der Gustl. So traf sie Gustl immer wieder im Dorf. Im Alter von 30 Jahren übernahm er den elterlichen Hof. Er musste auch für einen Onkel sorgen, das war für Gustl eine große Aufgabe, vor allem finanziell. Annemarie war 35 alt und Gustl 40, als sie heirateten. Zwei Jahre später, 1992, kam Werner auf die Welt und ein Jahr darauf Veronika. Gustl hatte die Kinder gern, er genoss immer die Zeit mit ihnen. Im August 2004 passierte das Unglück. Es regnete stark und Gustl wurde gerufen, weil bei der Beregnung etwas nicht funktionierte. Hilfsbereit, wie Gustl war, fuhr er mit seinem Traktor einen steilen Fahrweg entlang, der Traktor rutschte. Die anwesenden Männer konnten Gustl nicht helfen. Die Bergung zog sich viel zu lange hin. Er fiel ins künstliche Koma. Monatelang war er im Krankenhaus, danach im Altersheim in Kurtatsch. Es war schwierig: die täglichen Besuche, die Arbeit auf dem Hof, die Sorgen, immer die Hoffnung: Vielleicht wird er noch! Es fehlten die Gespräche. „Was übrig blieb, war die Arbeit“, sagt Annemarie. Das Moos verpachtete Annemarie, die Arbeit in den Perglen erledigte sie selbst, zum Glück half ihr Bruder viel aus. Sie reduzierte ihre Arbeit auf 30 Prozent Teilzeit, so gelang es ihr, alles unter einen Hut zu bringen. Die Kinder waren ja auch noch da. Werner, damals 14 Jahre, besuchte die Laimburg. Veronika hat sich später für den Beruf Krankenschwester entschieden. Doch ist sie heute die schnellste italienische Downhillerin. Annemarie ist mittlerweile in Pension. Den 3,5 Hektar großen Obst- und Weinbaubetrieb bewirtschaftet inzwischen Werner. Annemarie ist froh, dass er sich um den Hof kümmert. Sie hilft nach wie vor mit, möchte aber doch in Zukunft kürzertreten.
Margaretha Hofer Wwe. Obkircher, Moarhof, Oberbozen/Ritten
1956 wurde Margaretha in Sarnthein geboren und arbeitete zunächst in der Schweiz. Später fand Anstellung im Hotel Holzner in Oberbozen, wo sie ihren Franz kennen- und lieben lernte. 1988 heirateten sie und übernahmen den elterlichen Betrieb, den Moarhof. Franz war ein sehr tierlieber Mensch, der die Landwirtschaft mit Leib und Seele lebte. Der erste Sohn Peter wurde 1992 geboren, drei Jahre später folgte Andreas. 2001 erfüllten sich Margaretha und Franz einen großen Traum und eröffneten einen Hofschank am Moarhof. Doch 2006 geschah das große Unglück: Franz verunglückte tödlich mit dem Traktor. Zur emotionalen Last kam das Gewicht der Entscheidung hinzu, was denn nun mit dem Moarhof passieren sollte. Der Stall voller Kühe, der Schankbetrieb, die Kinder, die Schwiegereltern. Leider erhielt Margaretha von Seiten der Familie von Franz keine Hilfe. Sie wollte aber den Hof weiterführen, für ihre Kinder. Sie verkaufte den Großteil der Kühe. Ihre Mamastand ihr in dieser schweren Zeit zur Seite. Heute sind Margaretha, Sohn Peter und die Schwiegertochter Michaela ein eingespieltes Team. Mit vereinten Kräften kümmern sie sich mit viel Freude um Haus, Hof und Gäste. Heute kann sich Margareth zurücklehnen und die Ruhe genießen. Zwischendurch geht sie wandern.
Alle Laudatios in voller Länge findet ihr hier.