Was tun, wenn Konflikte zwischen den Generationen das Leben und Wirtschaften am Hof belasten? Wenn Streitgespräche und Kränkungen an der Tagesordnung stehen oder sogar das Wegziehen vom Hof als Ausweg angedacht wird?
Die Lebensberatung für die bäuerliche Familie kann helfen. Das Lösen von Konflikten ist nicht immer einfach, dabei genügt oft ein konstruktives, geleitetes Gespräch zwischen den Familienmitgliedern. Die Lebensberatung für die bäuerliche Familie als erste Anlaufstelle hilft dabei. Die ehrenamtlich tätigen Beraterinnen und Berater haben nicht nur ein offenes Ohr für Bäuerinnen und Bauern in belastenden Lebenssituationen, sondern auch viel Erfahrung im Umgang mit Konflikten.
Eine Familie (der Name der Familie bliebt anonym; Anm. d. Red.) hat lange versucht einen Generationenkonflikt, alleine zu bewältigen, bis sich der Jungbauer ein Herz gefasst hat und bei der Koordinationsstelle der Lebensberatung angerufen hat.
Im Gespräch mit dem Landwirt erzählt er von seinen Erfahrungen.
Landwirt: Können Sie uns Ihre Situation etwas beschreiben?
Ich bin ein junger Bauer und möchte bald den Hof übernehmen. Ich bin verheiratet und wir haben zwei Kinder. Ich wohne mit meiner Familie aber nicht mehr auf dem Hof. Ich bin nur mehr zum Arbeiten dorthin gefahren. Meine Frau arbeitet auswärts, also nicht auf dem Hof. Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben. Wir möchten nun den Hof umbauen und dann auch wieder auf den Hof ziehen, da ich gerne Bauer bin und ich wieder gerne auf dem Hof leben würde. Der Hof ist meine Heimat. Auch meine Frau möchte das, und die Kinder auch. Sie können den ganzen Tag im Freien sein und außerdem sind sie vernarrt in die Tiere. Meine Mutter und meine Frau kommen aber leider nicht gut aus. Sie sind vom Charakter her eher verschieden. Die Konflikte werden aber nicht offen ausgetragen. Ich bin immer mitten drinnen, wie zwischen zwei Stühlen. Die Situation ist für alle sehr belastend. Einmal soll ich mehr zu meiner Frau halten, dann wieder zu meiner Mutter. Sogar die Kinder spüren die Spannungen. Unter diesen Umständen verliere ich noch die Freude am Bauersein und am Hof.
Haben Sie nicht versucht sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und die Situation zu besprechen?
Logisch, bereits mehrmals, aber wir sind immer im Streit auseinander gegangen und es gab oft Tränen. Es ist eigentlich immer schlimmer geworden, statt besser, bis wir es dann mit den Gesprächen gelassen haben und Jung und Alt überhaupt nicht mehr miteinander geredet haben.
Eine denkbar schlechte Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben am Hof, oder?
Das kann man wohl sagen. Ich habe mir auch nie gedacht, dass das auch uns passieren kann. Ich habe immer geglaubt, dass nur die anderen Familien streiten.
Wie ist es dann weitergegangen?
Ich wusste mir keinen Rat mehr, bis dann meine Frau irgendwann nach einer Veranstaltung der Südtiroler Bäuerinnenorganisation nach Hause gekommen ist und ein Faltblatt von der Lebensberatung mitgebracht hat. Ich hab' schon davon gehört, aber nie gedacht, dass wir so etwas Mal brauchen würden.
Und dann haben Sie gleich die Nummer 0471 999400 gewählt?
(lacht) Oje, wenn ich das nur so schnell getan hätte und die Nummer schon früher gewählt hätte, kann ich heute im Rückblick sagen. Dann wäre weniger Porzellan zerschlagen worden. Ein Monat hat es gedauert, bis ich mich "getraut" habe.
Eine Lebensberaterin ist dann zu Euch auf den Hof gekommen?
Nicht gleich. Wir haben ja noch nicht auf dem Hof gewohnt. Wir haben uns beim Bauerbund getroffen. Die Lebensberaterin hat sich zuerst unsere Anliegen angehört und dann wollte sie sich auch mit meiner Mutter treffen und deren Anliegen anhören.
War Ihre Mutter gleich einverstanden damit?
Nein. Aber ich hab' gesagt, sie soll es für die Enkelkinder tun. Die wollen keine Oma, die dauert mit der Mama streitet und umgekehrt. Das hat sie überzeugt. Sie war dann nach dem Gespräch mit der Lebensberaterin auch sehr positiv überrascht, weil die Lebensberaterin einfach nur zugehört hat, ohne zu werten oder zu urteilen. Sie konnte auch das erste Mal mit jemanden über die Trauer unseres Tatas reden, der erst vor zwei Jahren verstorben war. Auch die Ängste kamen zur Sprache, dass sie auf dem Hof nichts mehr zu sagen hat, wenn ich mit meiner Familie den Hof übernehme.
Und dann habt Ihr Euch alle gemeinsam getroffen? Was habt Ihr besprochen?
Folgende Fragen haben wir versucht gemeinsam mit der Lebensberaterin zu klären: Was bei uns in der Familie gut läuft, was weniger gut; was uns als Familie wichtig ist; was sich ändern sollte. Die Lebensberaterin hat darauf geachtet, dass jeder zu Wort kommt, dass jeder ausreden darf, dass jeder über das reden darf, was ihn belastet.
Der Anruf hat sich also gelohnt?
Ja, auf alle Fälle. Was mich besonders beeindruckt hat, war, dass ich das Gefühl hatte, dass wir für die Lebensberaterin alle gleich wichtig waren. Sie hat für niemanden Partei ergriffen. Wir haben auch über die Aufgabenverteilung gesprochen, wer was machen möchte und auch machen kann. Wir haben uns insgesamt dreimal mit der Lebensberaterin getroffen. Sie hat uns sozusagen ein Stück unseres Weges begleitet.
Was hat sich durch die Beratung und die Begleitung geändert?
Wir haben einen Weg gefunden offen über unsere Bedürfnisse zu reden. Vor allem meine Frau und meine Mutter konnten viele Missverständnisse klären und fühlen sich nicht mehr gleich angegriffen, wenn die andere etwas sagt. Jeder hat nun seinen Aufgabenbereich, aber wir helfen uns auch gegenseitig. Natürlich ist das nicht von heute auf morgen gegangen, aber der Konflikt hat sich ja auch nicht von heute auf morgen entwickelt. Das hat uns auch die Lebensberaterin gesagt und gemeint, dass wir Geduld haben sollen. Ab und zu ruft sie noch an und frägt nach wie es uns geht. Bei Bedarf, dürfen wir uns auch jederzeit über die Koordinatorin bei ihr melden.
Kontakt: 0471 999400 von Montag bis Freitag von 9.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 bis 18.00 Uhr
E-Mail: lebensberatung@baeuerinnen.it