Die besonderen Anliegen von Landtagsabgeordnete Maria Kuenzer zum Regierungsprogramm 2013 - 2018 sind die Bereiche weibliches Unternehmertum und Landwirtschaft, ländlicher Raum und Nahversorgung, Wirtschaft, Familie und Sozialbereich, sowie eine neue politische Ausrichtung im Sinne der Europaregion Tirol.
Worauf möchten Sie in den nächsten fünf Jahren den Fokus in Ihrer politischen Arbeit setzen?
Auf die Lebendigkeit und Wirtschaftlichkeit des ländlichen Raums. Wir hören immer wieder, dass es strukturschwache Gebiete und abwanderungsgefährdetet Dörfer gibt. Wir müssen darauf achten, dass die Menschen in den entlegenen Ortschaften, genauso Zugang haben zu Bildungsangebote, zur Gesundheitsvorsorge, dass sie vor Ort Arbeitsplätze finden, dass sie Lebensqualität spüren, dass sie draußen gerne wohnen, denn ein bewohnter, bewirtschaftete ländlicher Raum zeichnet im Grunde die Attraktivität von Südtirol aus.
Haben Sie konkrete Gesetzesänderungen im Kopf?
Ja, z.B. was die Schülerbeförderung anbelangt. Eltern weisen immer wieder darauf hin, dass dieser jedes Jahr mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Heute müssen mindestens zwei Volksschulkinder oder vier Mittelschulkinder bei der Haltestelle sein, damit sie abgeholt werden. Mein Vorschlag ist, dass jedes Kind im Pflichtschulalter abgeholt werden muss. Wir haben den Nightliner für Jugendliche eingerichtet, dann muss es für mich auch selbstverständlich sein, dass die Schülerbeförderung für alle Pflichtschüler ermöglicht wird.
Ein anderes Steckenpferd von Ihnen ist Grund und Boden.
Grund und Boden ist in Südtirol sehr begrenzt. Wir haben nicht sehr viel freien und produktiven Grund, den müssen wir erhalten, denn nur wenn Südtirol auch in Zukunft Lebensmittel produziert, wird unser Land autonom und nicht abhängig von Großkonzernen sein. Es werden in dieser Legislaturperiode Umweltpläne, Gefahrenzonenpläne erstellt, hier muss genau geschaut werden, dass Bauzonen nicht 1 zu 1 im produktiven Grund errichtet werden, das gilt genauso für Sportanlagen, für Straßenbau und vieles mehr. Wir müssen bewusster darauf achten, dass der produktive Grund unserer Lebensgrundlage ist, und sparsam damit umgehen.
Frauen am Land – Wo sehen sie hier Möglichkeit in Ihrer politischen Arbeit?
Heute gehen viele Bäuerinnen und Frauen zusätzlich zur Familienarbeit einer Erwerbsarbeit nach. Wichtig ist, dass wir Erwerbsmöglichkeiten auch für die Frauen in den Dörfern schaffen. Die Frauen heute sind besser ausgebildet, und deshalb braucht es neue, innovative Arbeitsplätze auch auf dem Land, die müssen wir schaffen z.B. im Bereich Gesundheit, Technologie, im Dienstleistungsbereich. Heute im Zeitalter des Internets müsste das kein Problem mehr sein.
Wo sehen Sie hier konkrete Möglichkeiten?
Für mich ist der Blick nach Europa sehr wichtig. Es treten jetzt neue EU-Programme in Kraft und hier werden auch die ländlichen Gebiete besonders berücksichtig. Wir müssen schauen, wo wir neue Arbeitsplätze, neue und flexible Arbeitsformen auch für die Frauen schaffen können. Wir können gemeinsam mit der Bäuerinnenorganisation einige Projekte dazu aufbauen. Die Kinderbetreuung und Seniorenbetreuung am Bauernhof gibt es bereits schon, weitere Dienstleistungen können folgen. Die Programme der EU stark zu nützen, um dann Arbeitsmöglichkeiten schaffen, da sehe ich eine große Chance.
Eine weitere große Chance sehe ich in der Zusammenarbeit mit den Regionen Trentino und Tirol. Es gibt bereits eine gesetzliche Grundlage: der Europäischer Verbund territorialer Zusammenarbeit und der Dreier Landtag. Wir können hier gemeinsame Tätigkeiten im Bereich Kultur, Forschung, Arbeit initiieren und voran bringen. Es ist notwendig verstärkt zusammenzuarbeiten, damit die Alpenregion Tirol, Südtirol, Trentino wieder zusammenwächst.
Sie haben fünf Jahre Landtagserfahrung hinter sich. Was ist dieses Mal anders?
Ich bin froh, dass ich die Lehrjahre hinter mir haben. Die Politik auf Landesebene ist etwas anderes als auf Gemeindeebene. Jetzt kenne ich die Verwaltungsabläufe und die verschiedenen Ämter des Landes. Ich weiß genau, wo kann ich mich einbringen, was ist für den ländlichen Raum wichtig und das ist natürlich ein großer Vorteil.
Wie ist es als Bäuerin im Landtag zu sitzen?
Die Bäuerin hat heute in der Politik ihren Platz eingenommen, sie muss sich nicht rechtfertig, man respektiert ihre Arbeit, auch wenn man nicht immer damit einverstanden ist. Das fußt sicherlich auf die Vorarbeit von Rosa Thaler. Sie war bereits vor mir zwei Legislaturperioden im Landtag. Sie hat ihre Rolle im Landtag erarbeitet und ihren Platz eingenommen, für mich war dieser Platz schon da.
Welches sind Ihre Vision für die nächsten fünf Jahre?
Ich habe drei klare Visionen im Kopf:
- Neue Programme für den ländlichen Raum, um die Lebensqualität zu stärken
- Respekt vor Grund und Boden
- Bildungs- und Sozialangebote halten und ausbauen
Interview: Ulrike Tonner