Veronika Stampfer -Bäuerin des Jahres 2014 - ist seit 2002 Ortsbäuerin in Völser Aicha. Das Ehrenamt ist eine Bereicherung für sie selbst, für das Dorf, für das Land. Ehrenamt soll nicht als selbstverständlich angesehen werden, sondern als etwas Wertvolles, das es auch in Zukunft braucht, vor allem für die Jungend. Im Interview mit Ulrike Tonner erzählt die Bäuerin des Jahres 2014 mehr dazu.
Ulrike Tonner: Was bedeutet für Sie Ehrenamt?
Veronika Stamper: Ehrenamt bedeutet mir sehr viel. Ich könnte mir ein Leben ohne nicht vorstellen. Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich in verschiedenen Vereinen tätig. Für mich ist es eine Bereicherung, vor allem auf sozialer Ebene. Es hat mir aber auch mehr Selbstbewusstsein und Stärke gegeben. Außerdem ist es ein schönes Gefühl sich einzubringen und mitzureden, aber auch einfach nur dazu zu gehören, einfach gebraucht zu werden.
Als Ortsbäuerin investieren Sie Zeit und Energie in dieses Ehrenamt. Wie geht es Ihnen dabei?
Manchmal ist es schon etwas stressig. Als Ortsbäuerin sollte man doch soweit es möglich ist überall dabei sein. Aber es überwiegen meist die Vorteile. Ich komme gerne mit Menschen zusammen und vor allem rede ich gerne mit und kann das Eine oder Andere auch einbringen. Außerdem ist man so immer informiert was im Dorf und im Lande geschieht.
Wie steht es um das Ehrenamt in Südtirol?
Das Ehrenamt in Südtirol steht denke ich mal, sehr gut da. Im Rest von Italien kennt man dies in dieser Form gar nicht. Müsste man dies alles bezahlen, würde wohl vieles nicht mehr funktionieren. Im Alltag werde ich täglich damit konfrontiert, bei uns im Dorf ist fast jeder in einem Verein aktiv, manche sogar in mehreren. Sind viele ehrenamtlich tätig, so ist meist auch ein gutes Dorfklima und ein aktives Miteinander, jeder wird in irgendeiner Weise eingebunden. Manchmal wird das Ganze aber zu wenig geschätzt und alles wird als selbstverständlich gesehen.
Braucht es mehr politische Unterstützung für das Ehrenamt?
Ich wünsche mir, dass das Ehrenamt positiv aufgewertet wird, dass für jemand, der sich ehrenamtlich intensiv einbringt, gewisse Vorteile dabei herausschauen. Es muss ja nicht viel sein, aber man sollte einfach ein klein wenig mehr belohnt werden. Außerdem wünsche ich mir, dass wenn etwas Schlimmes passiert, der Vorsitzende besser geschützt ist und nicht gleich Haus und Hof verliert. Jeder bemüht sich mit bestem Wissen und Gewissen, und in manchen Situationen gibt es einfach höhere Gewalt. Mittlerweile haben wir ja das amerikanische System angenommen und keiner will mehr Eigenverantwortung übernehmen. Schuld haben immer Andere.
Was fordern Sie von der Gesellschaft?
Die Gesellschaft nimmt das Ehrenamt meist als selbstverständlich hin, es wird oft vielfach geschimpft: Für was braucht es dies und das? Aber bei einem Fest sollen logisch immer Krapfen gemacht werden, die Feuerwehr sollte schon da sein bevor es brennt usw. Schimpfen tun meist jedoch nur die, die sich nirgends einbringen und immer nur fordern. Aber Gott sei Dank überwiegt die Wertschätzung.
Es werden die SBO-Ortsgruppen neu gewählt. Sind junge Frauen noch bereit für das Ehrenamt?
Heuer finden landesweit Bäuerinnenwahlen statt. Ich konnte bei einigen dabei sein und es ist überall dasselbe Bild. Es wird zunehmend schwieriger Bäuerinnen zu finden, die bereit sind sich im Bäuerinnenrat einzubringen, aus zeitlichen Gründen, viele arbeiten heute außerhalb des Hofes. Aber auch jene, die im Betrieb mitarbeiten trauen sich das nicht mehr zu, eben weil sie einfach zu wenig Zeit haben. Viele haben kleine Kinder und möchten nicht immer von zu Hause weg. Aber es muss ja nicht so viel veranstaltet werden, ab und zu ein Vortrag oder Kurs, denn es besteht eh schon ein Überangebot an Veranstaltungen. Die Veranstaltungen sollten auch besser mit anderen Vereinen abgestimmt werden, einmal macht der Eine etwas, einmal der Andere.
Braucht es in Zukunft noch das Ehrenamt?
Ehrenamt braucht es auf jeden Fall auch in Zukunft Müssten wir jeden Dienst der freiwillig gemacht wird bezahlen, das könnten wir uns schlichtweg nicht mehr leisten. Stellen Sie sich vor es gäbe keine Freiwilligen beim Weißen Kreuz oder keine freiwilligen Feuerwehren, keine Musikkapelle usw. Für die ganze Gesellschaft ist es enorm wichtig, vor allem für die Jugend, das gibt ihnen ein Gefühl von Dazugehörigkeit, sie sind meist gut aufgehoben und sie werden auch selbstbewusster.
Haben Sie eine Botschaft am Tag des Ehrenamtes (5. Dezember)?
Ich wünsche mir möglichst viele Menschen, vor allem junge, die bereit sind sich in irgendeiner Weise für die Gesellschaft einzubringen. Der Internationale Tag des Ehrenamtes sollte aber auch ein Dankeschön Tag sein. Ganz nach dem Motto „Keine gute Tat - sei sie noch so gering – ist je vergebens“ wünsche ich allen die sich ehrenamtlich einbringen, weiterhin viel Einsatz, Kraft, aber vor allem viel Freude.
Interview: Ulrike Tonner