Schon als Jugendliche hat Franziska Bauer am elterlichen Hof mitgearbeitet. Seit knapp drei Jahren ist die 50-Jährige Eigentümerin des oberhalb von Terlan gelegenen Gschnofer-Hofes. Gelernt hat Franziska Bauer aber eigentlich ganz etwas anderes, sie ist ausgebildete Geometerin. Doch lernen und Neues erproben das ist das, was sie antreibt. Ein Gespräch mit einer nicht ganz so klassischen Bäuerin.
Frauen waren schon immer fester und unverzichtbarer Bestandteil eines Hofes, sie haben im Haus und am Feld angepackt. Die Rolle der Bäuerin hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte aber verändert. Leben Sie ihre Aufgabe als Bäuerin mit neuem Selbstbewusstsein?
Ich bin in dem Sinne keine traditionelle Bäuerin, zwar habe ich schon als junges Mädchen bei der Ernte am Hof mitgeholfen, habe aber eine Ausbildung zur Geometerin. Heute arbeite ich halbtags in einem Ingenieurbüro, den Rest der Zeit bin ich Bäuerin und lebe gemeinsam mit meinen beiden Söhnen Sebastian und Maximilian am Hof. Ich bin Bauer und Bäuerin in einer Person, die Umstände haben es so gewollt und heute trage ich die volle Verantwortung für sämtliche Entscheidungen.
Nicht immer ganz einfach, aber es schafft auch Freiheiten und Freiräume. Freiräume, um Traditionen zu brechen?
Nicht zwingend, ich versuche das zu tun, was mich interessiert und weiterbringt. Und warum soll ich meine verschiedenen Interessen nicht auch leben? Nachdem ich meine Arbeit mit der Geburt meines zweiten Sohn aufgegeben habe, hat mich dann nach über 13 Jahren Pause die Lust gepackt, es wieder zu versuchen und einen Neueinstieg zu wagen. Ich wollte diese Herausforderung und mein früherer Arbeitgeber hat mir diese Gelegenheit gegeben. Und so versuche ich meinen eigenen Weg zu gehen. Ich liebe es, am Hof zu arbeiten, in der freien Natur, aber ich fühle mich auch in meinem Bürojob wohl. Was mich antreibt, ist die Lust Neues auszuprobieren und in mehreren Bereichen aktiv und kreativ zu sein.
Ist für Sie die klassische Rollenaufteilung Mann/Frau überhaupt ein Thema?
Bereits vor der Hofübernahme hatte ich die Verwaltungsarbeit und Organisation des Betriebs übernommen. Ich fahre natürlich auch selbst mit dem Traktor, nehme an Weiterbildungen, Tagungen, Lehrfahrten und Versammlungen teil, eigentlich klassische Aufgaben eines Bauern, aber für mich kein Problem. Seit einiger Zeit arbeitet mein Sohn Sebastian mit am Hof. Der gegenseitige Austausch tut gut und freut mich, das hat aber weniger mit Rollenaufteilung zu tun, als mit Teamarbeit.
Haben Sie Vorbilder?
Ich bin mir selbst mein größtes Vorbild, denn ich muss für mein Handeln gerade stehen. Wichtig ist mir, meinen Ideen und mir selbst treu zu bleiben. Ich bin den anderen nichts schuldig. Wächst man in eine Familie hinein, wo bestimmte Vorbilder hochgehalten werden, kann man Gefahr laufen, an alten Mustern hängen zu bleiben. Warum kann ich mir nicht mein eigenes Bild schaffen? Ich möchte Dinge tun, weil sie mir gefallen und nicht in erster Linie, weil ich mir einen Nutzen daraus erwarte.
Welchen Schwierigkeiten mussten Sie sich als Bäuerin stellen?
Früher verband ich Neuerungen eher mit Problemen, heute denke ich anders: Es kommt eine neue Aufgabe auf mich zu, eine Aufgabe, die ich lösen muss. Es geht um Courage, und nicht zu denken „kann ich das?“ Und so tun sich immer wieder neue Fenster auf. Ich bin jetzt 50 Jahre alt und habe das Gefühl jetzt erst so richtig durchzustarten.
Wenn Sie an eine junge Bäuerin denken, was raten Sie ihr?
Sie soll sich weiterbilden, Dinge tun, die ihr Freude bereiten und sie in ihrer Entwicklung weiterbringen. Es ist ein Geschenk, wenn man von Zuhause seinen Beruf ausüben kann.
Zur Person
Am Gschnofer-Hof werden auf dreieinhalb Hektar Wein und auf zweieinhalb Hektar Äpfel angebaut. Den Hof hat Franziska Bauer von ihrer Mutter geerbt. Aufgewachsen ist Franziska Bauer (50) mit ihrer Familie in Bozen/Gries, erst 1985 sind sie von dort nach Terlan gezogen. Seit März 2012 ist Franziska Bauer Eigentümerin des Gschnofer-Hofes und lebt dort mit ihren beiden Söhnen Sebastian (22) und Maximilian (19). Bauer hat zahlreiche Fortbildungen im landwirtschaftlichen Bereich (u.a. den zweijährigen Lehrgang „Bäuerin- Botschafterin ihrer Produkte“) besucht und 2014 zum zweiten Mal am Gschnofer-Hof einen „Hof-Advent“ frei nach dem Motto „Lebendiges Handwerk“ organisiert. Beim Hofadvent bot Franziska Bauer selbstgemachte Fruchtaufstriche, Mostarde, Chutneys und Kräutersalz an und möchte diese Tätigkeit in Zukunft weiter ausbauen.