Bäuerin Adelgunde erzählt gerne von ihren Ziegen, doch nicht nur. Sie weiß so allerhand über Kräuter, Honig, alte Arbeitsgeräte, Bräuche und Traditionen und auch übers Räuchern – ein Ritual, das wiederauflebt.
Adelgunde erzählt, wie’s früher war. Die Hof- und Gartenführerin Adelgunde Hofer Brunner ist eine Bäuerin, die mit viel Herz und Zeitgeist ihr Leben auf dem Obermairhof im Riede in Reischach bei Bruneck gestaltet.
Der Hof besitzt eine lange Geschichte: Seit dem 7. Jahrhundert wird er bereits bewirtschaftet. 2010 spezialisierte sich der Betrieb auf die Milchziegenhaltung. Gerne führt Adelgunde auch durch ihren Bauerngarten und erklärt die verschiedenen Pflanzen, deren Anbau und Anwendung in Küche und Volkstum. In ihrem Garten können zahlreiche Kräuter-, Gemüse und Beerensorten entdeckt werden. Die Familie Brunner produziert auch hofeigenen Honig.
Und noch was hat Adelgunde zu bieten: Der Obermairhof ist ein lebendes Relikt vergangener Generationen. Adelgunde erzählt gerne von seiner Hofgeschichte und den Menschen, die ihn geprägt haben. Alte Arbeitsutensilien, Geräte und ein alter Backofen bringen uns die Zeit von damals ganz nah. Sie erzählt auch gerne von Bräuchen, besonders in der Winterzeit ist das Räuchern für viele interessant. Für Bäuerin Adelgunde ist das Räuchern etwas Besonders. Sie freut sich auf die Winterzeit, wo das Räuchern auf den Höfen noch praktiziert wird. Im Interview mit Ulrike Tonner erzählt sie mehr darüber.
Was ist das Besondere beim Räuchern?
Das Räuchern ist ein sehr altes Ritual. Die Ursprünge gehen bis in die frühen Menschheitsepochen zurück. Das Räuchern war Teil ihrer achtsamen Art, mit Himmel und Erde umzugehen. Gerade in unserer nicht ganz einfachen Zeit ist es wieder wichtig geworden, das Räuchern aufleben zu lassen.
Welche Bedeutung hatte das Räuchern früher auf den Höfen?
Beim Räuchern wurde das Schlechte vom vergangenen Jahr vertrieben und es wurde um Gesundheit und Wohlergehen für Mensch und Tier sowie um Ertrag auf Feld und Hof gebetet. Durch das Räuchern wurde gereinigt, geheilt, geschützt und gesegnet.
Wann wurde geräuchert?
Geräuchert wurde am hl. Abend vor dem Mittagessen, am Silvester Abend und am Vortag von hl drei Könige zu Mittag. Als erstes wurde die Räucherpfanne hergerichtet: Die Glut nahm man vom Herd und gab sie in eine alte rostige Pfanne mit langem Stiel. Diese Pfanne nahm man nur fürs Räuchern. Der Vater gab sie nach dem Räuchern in einen Stoffbeutet und hing sie im „Goden“ auf. Dort blieb sie bis zum nächsten Mal. Wir nehmen heute ein altes Bügeleisen anstatt der Pfanne. Dann brauchte es auch Weihwasser: Nur zum hl. Stefan spritzte man hl. Stephanwasser. Am Stephanstag wird Salz und Weihwasser geweiht, das bekam man nur an diesem Tag in der Kirche. Das ganze restliche Jahr weihte man mit Königswasser, das holte man sich zu heiligen drei Könige in der Kirche.
Wer war beim Räuchern alles dabei?
Die ganze Familie war beim Räuchern dabei. Der Vater trug die Räucherpfanne. Mein ältester Bruder ging hinter ihm mit dem Weihwasser, nur er durfte sprengeln, er war der älteste. Dann gingen meine Geschwister und ich und zuletzt meine Mutter. In jedem Zimmer wurde geräuchert, überall, auch im Stall und in der Scheune. Die Fenster durften ja nicht geöffnet werden. Es roch wirklich gut. Am Vortag von drei König gingen wir auch aufs Feld. Aber nur eben an diesem Tag, man ging zum Rande bzw. zur Ecke des Ackers, und schwenkte dreimal die Pfanne, für die gute Ernte. Das Räuchern dauerte ungefähr eine Stunde.
Und es wurde gebetet oder?
Der Vater betete immer vor. Es wurde der Rosenkranz gebetet, auch während dem Gehen. Zum Schluss wurde in der Stube der Rosenkranz fertig gebetet.
Welche Erinnerung haben Sie daran?
Bei uns wurde neben dem Weihrauch auch immer mit Kräutern aus dem geweihten Kräuterbuschen geräuchert. Meine Mutter bestand immer darauf, dass im Kräuterbuschen ca. 9 Kräuter sind: Ebberaute, Wermut, Salbei, Johanniskraut, Schafgarbe, Goldrute, Himbeerreisinger und auf jeden Fall musste Rosmarin dabei sein. Rosmarin vertreibt nämlich alles Schlechte bzw. alle bösen Geister aus den Räumen. Der Buschen wurde am Hochunserfrauentag am 15. August geweiht und dann hat man von allen Kräutern etwas runtergezupft und zum Weihrauch bzw. in die Räucherpfanne dazugegeben. Zuerst wurde aber immer der Palmbesen angeschürt, dann durfte man erst vom Kräuterbuschen nehmen, zum Beispiel bei Gewitter.
Räuchern Sie heute noch?
Ja, wir räuchern heute noch. Ich möchte es noch mehr vertiefen und auch die Enkelkinder mehr einbeziehen, weil es einfach zur Weihnachtszeit dazugehört und unsere Vorfahren es so praktiziert haben. Das möchte ich meinen Enkelkindern weitergeben.