Wir haben die heurige Landesversammlung unter das Motto mit Blick nach vorne gestellt und zwar aus mehreren Gründen: Einmal gibt die aktuelle Situation, die Pandemie, Grund nach vorne zu schauen und zu wissen und zu hoffen, dass diese Zeit vorbeigehen wird. Wir in der Landwirtschaft müssen immer wieder mit Rückschlägen umgehen, wir werden auch diese Zeit durchstehen.
Wir haben es auch gewählt, weil es im Ehrenamt immer gilt nach vorne zu schauen. Vieles war in den letzten Monaten nicht möglich, das Ehrenamt ist zum Stillstand gekommen. Ich hoffe, dass diese Zeit uns nicht gelähmt hat, und wir uns nicht mehr einbringen wollen. Das wäre schade, wenn jahrelange Aufbauarbeit verloren geht.
Ein Blick in die Vergangenheit
Heute am 40igsten Landesbäuerinnentag können wir auch kurz nach hinten blicken und mit Freude feststellen, dass sich 40 Jahre Bäuerinnenarbeit einfach gelohnt hat. Wir haben heute in der Gesellschaft einen Stellenwert, den wir uns in diesen 40 Jahren erarbeitet haben, dank des ehrenamtlichen Einsatzes vieler Bäuerinnen. Darauf können wir gemeinsam stolz sein. Ich wünsche mir, dass wir das Selbstbewusstsein der Bäuerinnen weiterhin stärken und diese Begeisterung für die ehrenamtliche Bäuerinnenarbeit in das nächste Jahrzehnt weiterwirkt.
Zeigt wieder auf, wie Gemeinschaft guttut, ein Austausch unter Berufskolleginnen ist wertvoll. Zeigt, dass Rituale wichtig sind für eine Gemeinschaft im Dorf und sie uns Motivation für die alltägliche Arbeit geben.
Mit Blick nach vorne arbeiteten die Frauen auf unseren Höfen immer schon. Viele unserer Bäuerinnen haben neue Visionen, neue Ideen für die Höfe und garantieren so den Fortbestand des Hofes. Auch dies ist ein Grund für das heutige Motto, passend zum Jahresthema unserer Organisation „Die Bäuerin als Unternehmerin“. Aus einem eingefahrenen Weg, einer Komfortzone auszusteigen und eine Veränderung am Hof zu bewirken ist oft auch ein Risiko. Aber Bäuerinnen haben ein gutes Auge für ein solches „gesundes“ Risiko. Viele Bäuerinnen haben auch durch die Bäuerinnenorganisation sich verändert und dem Betrieb neue Perspektiven gegeben und tun es auch immer wieder neu. Die verschiedenen Bäuerinnen-Dienstleistungen, Kinder- und Seniorenbetreuung, Schule am Bauernhof, Urlaub auf dem Bauernhof, die soziale Landwirtschaft, die noch einige Möglichkeiten bieten wird.
Als Bäuerin zu leben heißt aus der Bequemzone auszusteigen, aus einem Leben, welches wahrscheinlich sehr geregelt war, einem Leben mit acht Stunden mal fünf Tage Arbeitszeit, und in ein ganz anderes Leben einzusteigen, in ein Leben mit vielen Möglichkeiten zur Selbstgestaltung, aber auch in ein Leben mit viel mehr Arbeitsstunden und nicht immer mit einem sicheren und geregelten Einkommen. Das ist sicher eine Herausforderung - eine Herausforderung, die auch motiviert.
Herausforderungen
Es gibt auch immer mehr Bäuerinnen, die eine solche Herausforderung nicht nur durch eine Heirat annehmen, sondern auch durch die bewusste Entscheidung, den elterlichen Hof zu übernehmen.
Das Unternehmen Bauernhof hat immer wieder neue Herausforderungen parat, die wir nicht beeinflussen können, und denen wir uns stellen müssen: Die Bürokratie, die Auflagen in der Produktion, ständige neue Weiterbildungen und neue Investitionen... Dies kann oft auch an die persönlichen und finanziellen Grenzen führen.
Auch die Anforderungen und die Einmischung der Gesellschaft in unsere Arbeit geht nicht so ohne an uns vorbei. Da braucht es eine gute Kommunikation mit den Konsumenten. Wir brauchen uns da nicht in eine Verteidigerrolle begeben, wir müssen die Gesellschaft an unserem Tun teilhaben lassen, aber auch dies ist ein zusätzlicher Aufwand.
Eine große Herausforderung besonders für unsere Bergland- und Almwirtschaft sind Wolf und Bär. Die trüben den Blick in die Zukunft. Oft kommt mir vor, es wird ganz vergessen, dass die Hauptaufgabe der Bäuerinnen und Bauern die Produktion von Lebensmittel ist, natürlich immer in einem wirtschaftlichen, sozialen und umweltbewussten Gleichgewicht. Diese Aufgabe wollen wir eigentlich gerne wahrnehmen.
Deshalb ist es wichtig, unseren Blick immer wieder neu nach vorne zu richten und unsere Betriebe gut in die nächsten Jahre zu bringen und der nächsten Generation zu übergeben – mit dem Blick nach vorne!
Rede der Landesbäuerin Antonia Egger beim Landesbäuerinnentag am 11. Juli 2021