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Freitag, 17 April 2015

Mein größter Garten ist die Natur

Jutta Tappeiner Ebner vom Bacherhof in Nals liebt ihren Garten und dessen Wildkräuter. Sie verarbeitet sie mit Leidenschaft und viel Wissen, das sie sich in Lehrgängen angeeignet hat. Als Hof- und Gartenführerin gibt sie es mit Freude an Interessierte weiter.

Interview mit Gartenführerin Jutta Tappeiner Ebner

Frau Tappeiner, wie groß ist Ihr Garten?

Da wir heuer unseren Hof erweitern und demnächst damit beginnen, bin ich zurzeit dabei meine Rosen und Kräuter einzutopfen, um sie übers Jahr zu bringen. Aus diesem Grund besitze ich heuer einen viel größeren Garten als ich ihn mir jemals erträumen könnte, denn in diesem Erntejahr ist die ganze Natur mein Garten, nach dem Motto „Garten ist, was du draus machst“.

Was finden wir alles in ihrem Garten?

In meinem „Garten“ am Wald-, Wiesen-, Bach- und Wegesrand finden wir heuer Wildkräuter und wunderschöne wilde essbare Blüten. Die meisten dieser Wildpflanzen werden im Garten ungern gesehen, mit viel Mühe bekämpft und als „Unkräuter“ beschimpft. Ich nennen sie lieber meine grünen wilden Freunde. Für mich gibt es keine „Unkräuter“, denn alle Pflanzen haben einen Sinn: das Wildgemüse, die Wildfrüchte, die Würzkräuter, die Heilkräuter und nicht zuletzt die schönen Blumen! Sie zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie extreme Überlebenskünstler sind, sie trotzen langen Dürreperioden, genauso wie schlechten Bodenverhältnissen und gedeihen auch ohne meine Pflege, selbst auf dem Erdhaufen vor meiner Haustüre. Paracelsus hat uns gelehrt, dass die Wildkräuter, die vor unserer Haustüre wachsen und gedeihen, genau diejenigen sind, die wir zu unserem Wohl benötigen. Ich finde, es lohnt sich, darüber nachzudenken und neugierig darauf zu sein, was uns täglich begegnet.

Welches ist Ihr Lieblingsgemüse, Ihr Lieblingskraut?

Mit einer Hand voll mit meinen frischen grünen Schätzen bin ich reich - auch ohne Garten. Ich liebe den Löwenzahn mit seinen wertvollen Bitterstoffen, den Spitzwegerich, dessen Knospen wie Champignon schmecken, die Vogelmiere mit ihren kleinen sternförmigen Blüten, ein köstliches Wildgemüse und den Giersch mit seinem leichten Petersilien/Möhren-Aroma... Ich tu mich schwer mich für ein Lieblingskräutlein zu entscheiden: Knospen, Sprossen, Blätter, Blüten und Wurzeln, ich liebe sie alle. Sie passen in meine Salate, ich verarbeite sie zu Suppen, Pestos, Gewürzmischungen oder Smoothies. Andere sind Heilpflanzen, aus denen ich ohne großen Aufwand wohlschmeckende Aufgüsse oder heilkräftige Tinkturen herstelle.

Sie sind Gartenführerin. Was ist Ihre Tätigkeit als Gartenführerin?

Als Gartenführerin zeige ich Interessierten meinen schönen Bauerngarten mit unseren lokalen Gemüsesorten. Ich vermittle altes überliefertes Pflanzenwissen, das zum Teil schon in Vergessenheit geraten ist – zum Beispiel wie ich Saatgut selbst vermehre. Heuer teile ich meine Freude am großen Garten der Natur, indem ich von essbaren Wildpflanzen schwärme und allerhand Interessantes dazu erzähle zum Beispiel, dass Wildkräuter robust und überaus widerstandsfähig sind, vor Gesundheit nur so strotzen und alle diese beneidenswerten Eigenschaften auf jeden übertragen, der sie isst.

 Wie sind Sie das geworden?

Ich bringe Erfahrung und Fachwissen in Bezug auf Kräuter mit. Möchte dieses aber noch ausbauen mit altem überlieferten Gartenwissen und so werde ich im Herbst 2015/16 das Fachmodul zur Gartenführerin/Hofführerin besuchen.

Was war für Sie ausschlaggebend Gartenführerin zu werden?

Ich bin gerne Bäuerin und stolz darauf. Gärtnern und das Verarbeiten von Wildkräutern ist meine Leidenschaft. Ich gebe mein Wissen über die Geschichte und die Besonderheiten unseres Hofes und meine Erfahrungen über mein Pflanzenwissen mit Freude an Interessierte weiter.

Sie haben sich u.a. ins besonders auf Kräuter spezialisiert. Wie kam es dazu?

Die Vielfalt und die Kraft unserer heimischen Kräuter faszinieren mich schon seit meiner Jugend: Meine Mutter hütete in der Küche einen besonderen Schrank, der mit verschiedensten Kräutern bestückt war; sie sagte immer „fir a jede Kronkat isch a Kreitl gwochsn“. Meine Mutter war es auch, die ihre kostbaren freien Minuten am Abend damit verbrachte, in Kräuterbüchern zu stöbern und mir so die Neugierde und die Freude an Kräutern mit auf meinen Lebensweg gegeben hat. Über dieses Erbe bin ich ihr unendlich dankbar. Schon mit 17 Jahren begann ich selbst schöpferisch zu werden: daheim in der Küche rührte ich meine ersten Salben, setzte Tinkturen und Öle an, probierte aus und entdeckte... Legenden und Mythen, sowie Literatur über Anwendungen, Wirkungen und das Verarbeiten von Kräutern machten mich neugierig. Kurse, Aus und Weiterbildungen im In- und Ausland, darunter eine Ausbildung zur Heilpraktikerin mit dem Schwerpunkt „Traditionelle abendländische Naturheilkunde“ und Lehrgänge in Kräuterpädagogik und Volksheilkunde haben meinen Wissensdurst weiter vorangetrieben. Mein Anliegen ist dabei die sinnvolle Verknüpfung von Tradition und Moderne. Ich möchte dazu beitragen, dass die alten Rezepturen und Kräuteranwendungen, sowie die alten Bräuche erhalten bleiben und dazu anregen, vergessene Naturrituale wie das Räuchern mit einheimischen Kräutern und Harzen wieder zu beleben. Mittlerweile ist es für mich eine Freude, andere an meiner Kräuter-Leidenschaft teilhaben zu lassen und diesen Schatz auch weiterzugeben.

 Was ist das Besondere an den Kräutern?

Kräuter und insbesondere Wildkräuter sind so vielfältig. Von der Kulinarik über die Volksmedizin, von der Schönheit bis hin zum Gestalten und Dekorieren mit Kräutern. Die Volksmedizin – um ein Beispiel zu nennen – wusste es schon seit langem: Kräuter entgiften und vitalisieren. Heute wissen wir, dass das Blattgrün Chlorophyll unserem roten Blutfarbstoff, der die menschlichen Zellen mit Sauerstoff versorgt sehr ähnlich ist. Die Ballaststoffe (Pflanzenfasern) „putzen" zudem den Darm und binden Toxine und die Bitterstoffe unterstützen unsere Verdauungssäfte.

Lassen sich diese zwei Bereich gut miteinander verbinden?

Wildkräuter sind nichts anderes als Pflanzen, die nicht vom Menschen kultiviert wurden und noch alle Vitalstoffe, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundären Pflanzenstoffe (bioaktive Pflanzenstoffe) der ursprünglichen kraftvollen Wildpflanze enthalten. Wildkräuter sind voll bepackt mit Vitalstoffen und gelten in der Volksheilkunde seit Jahrhunderten als Apotheke der armen Leute. Für die heutige Zeit würde ich diese Aussage anders formulieren: „Wild-Kräuter bereichern jeden Bauerngarten und sind eine wertvolle Ergänzung für die Hausapotheke der weisen Leute.“

Wir groß ist die Nachfrage? Braucht es die Gartenführerin?

Die Nachfrage kommt mit dem Angebot. Viele Bäuerinnen pflegen einen so schönen Garten und haben über die Jahre so viel Erfahrungswissen und altes überliefertes Pflanzenwissen angesammelt. Ich finde durch das „andere dran teilhaben lassen“ wird sich jede Bäuerin bewusst, welchen Schatz sie hinter und neben ihrem Gartenzaun hütet. Zudem bereichert einem das Teilen nach dem Motto: Das Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt“.

Wie schaut ihr nächster Einsatz als Gartenführerin/ Kräuterexpertin aus?

  • 29.04-17.05.2015 in Lana bei den Wildkräutertage; Motto ist „Wildkräuter. Einheimisch und gsund“
  • Sa 09.05.15: Erlebnisvortrag mit Workshop "Für alles ist ein Kraut gewachsen" - Omas grüne Haus-Apotheke im Alpiana Resort in Völlan von 15.00 bis 17.00 Uhr (Anmeldung und Infos: Tourismusverein Lana und Umgebung, Tel. 0473 561 770, info@lana.info)
  • Sa 16.05.15: Erlebnisvortrag mit Workshop über die "Geheimnisse der Klostermedizin" in der Gärtnerei Galanthus in Lana von 14.00-18.00 Uhr (Anmeldung und Infos: Tourismusverein Lana und Umgebung, Tel. 0473 561 770, info@lana.info)
  • So 17.05.15: Wildkräuterfest auf dem St. Hippolyt Hügel, mit Beginn um 10.00 Uhr (ohne Anmeldung)

Können Sie die Tätigkeit als Gartenführerin anderen Bäuerinnen weiterempfehlen?

Ich kann diese Tätigkeit allen Bäuerinnen, die eine Leidenschaft für Pflanzen haben, gerne in der Erde wühlen und dabei die Welt um sich herum vergessen, die Natur lieben und an dieser Freude und den Geheimnissen drumherum auch andere teilhaben lassen möchten, wärmstens weiterempfehlen.

Im heurigen Herbst findet die Asbildung zur Hof-und Gartenführerin in kombinierter Form in der Fachschule Laimburg statt! Anmeldungen unter: 0471 999 460

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