Brauchtumskalender der Bäuerinnen Nr. 36/53 vom 28.Juni 2021
Das Mus zählt zu den ältesten Südtiroler Gerichten und gilt heute als besondere Spezialität. Schon der Minnesänger Oswald von Wolkenstein (1377–1445) singt: „Ich mues hinfür derwelcken, kauft ich mir nit ain Kue, damit ich hab zu melcken, ain Mues des Morgens frue.“
Das Geheimnis für ein gutes Mus sind die richtige Pfanne und ständiges Rühren. Das Mus wird am besten in einer Eisenpfanne zubereitet, so bekommt es die von den Musessern geschätzten braunen, angekochten Roschpm (Schernen oder Schorrn). Früher reichte eine Muspfanne für eine Großfamilie. Es wurde auf den Pfannenknecht in die Mitte des Stubentisches gestellt, und jeder machte sich mit dem Löffel eine kleine Grube. In die Mitte des Muses gehört ein großes Stück Butter, welche dann in die jeweiligen Löcher rinnt.
Besonders reichhaltige Varianten des Muses sind das Melchamuas und das Olmmuas. Beim Olmmuas wird Butter in einer hohen Pfanne geschmolzen, Milch und ein wenig Wasser hinzugegeben. Leicht salzen, Mehl und Grieß langsam einrühren und eventuell mit Zucker und Zimt verfeinern. Das Muas muss nun – anfangs auf hoher, schließlich auf kleinerer Flamme – mindestens 15 Minuten lang ständig gerührt werden, um die richtige Konsistenz zu erhalten. Wirft das Muas Blasen, ist es fertig. Ein Stück Butter rauf geben und dieses schmelzen lassen oder mit Butterschmalz abschmelzen. Serviert wird das Muas mit Grantenmarmelade oder mit frischen Beeren.
In Kastelruth gibt es den Brauch, über das Olmmuas zwei verquirlte Eier zu geben. Dann wird Butterschmalz erhitzt, bis es Fuier in Pfandl inschlog (das Schmalz im Pfandl brennt). Das brennende Butterschmalz wird über die Eier gegossen. Dieses wurde früher auf der Alm mit Brennsuppe zum Frühstück als Stärkung für die anstrengende Arbeit gereicht, heute gilt das Mus in der brenneten Pfann mit dem rauchig schmeckenden Ei als besondere Delikatesse.
Text©Lebendige Bräuche in Südtirol Jutta Tappeiner, Hans Griessmair, Athesia Verlag 2019
Bild©Roland Pernter